Seite:Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts Zweiter Band.pdf/415

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

er mit einem „Morgen im Lauterbrunnertal“; dem auf Herrn v. Quandt’s Bestellung zwei Bilder „Ariccia“ u. „Civitella“, folgen sollten. Im Februar 1828 übernahm er das Amt eines Zeichnenmeisters an der damals bestehenden Zeichnenschule zu Meissen, nach deren Aufhebung im Jahre 1836 er an die Dresdner Akademie berufen wurde, wo er seit 1. Nov. als Lehrer der Landschafts- u. Tiermalerei tätig war. Eine durch Krankheit seiner Frau vereitelte zweite Reise nach Italien veranlasste Richter zu einem nachträglichen Ausflug in das Elbtal, das er stromaufwärts bis[WS 1] Lowositz in seiner Pracht durchwanderte. Erfüllt von den herrlichen Eindrücken, wandte er sich nun mit besonderer Liebe der deutschen Landschaft zu, die uns auf seinen Bildern so heimatlich berührt. Deutsches Land, deutsches Volk, deutsche Sitte wurden die Ideale, die ihn mehr u. mehr erfüllten u. in seinen Schöpfungen zum Ausdruck gelangten. Das erste Oelgemälde, mit dem er die neue Richtung erfolgreich betrat, war der im Jahre 1835 vollendete „Schreckenstein bei Aussig“, dem im nächsten Jahre die „Friedhofskirche in Graupen“, 1837 eine „Gegend bei Aussig“ u. die „Ueberfahrt am Schreckenstein“ folgten. Die Gemälde Richter’s fanden die freudigste Aufnahme, nicht weniger seine mit Figuren belebten Landschafts-, seine durch den Zauber der Landschaft verschönerten Genrebilder aus dem Volksleben, seine Zeichnungen zu den Dichtern, für’s Haus u. Herz. Für Verbreitung seiner Werke war das Wiederemporkommen des Holzschnittes von grösster Bedeutung, der wiederum durch die Schöpfungen Richter’s, des meist auf den Holzstock selbst Zeichnenden, die kräftigste Förderung erhielt. Die Zahl der graphischen Werke des Meisters übersteigt die Erwartung. In den folgenden Blättern ist nur ein Teil derselben genannt. Vorzügliches Verdienst um die Richter-Forschung erwarben sich: Johann Friedrich Hoff (Adrian Ludwig Richter, Maler u. Radirer. Mit einer Einleitung von Hermann Steinfeld nebst dem Bildnisse u. der Handschrift Richter’s. Dresden, Verlag von J. Heinrich Richter 1877) und V. Paul Mohn (Ludwig Richter. Mit 183 Abbildungen nach Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen u. Holzschnitten. Bielefeld u. Leipzig, Verlag von Velhagen & Klasing 1896).

Ludwig Richter war seit 1. Nov. 1836 akad. Lehrer u. seit 1840 Vorstand eines Ateliers; am 23. Sept. 1841 wurde er zum Professor, am 30. März 1853 zum Mitgl. des akad. Rates ernannt u. trat am 1. Dec. 1876 in den Ruhestand. Die Universität Leipzig verlieh ihm (zugleich mit Ernst Hähnel) im Frühjahr 1860 den Doctorgrad. Er war Ehrenmitglied der Dresdener u. seit 1853 der Münchener, seit 1874 Mitglied der Berliner Akademie. Gold. Med. Par. WA. 55; Gr. gold. Med. der graph. KA. zu Wien 1883.

Zu den bekanntesten Schülern Richter’s gehören folgende Künstler: L. Friedrich, H. Gärtner, E. Hasse, W. Jettel, G. Jördens, Ed. Leonhardi, P. Mohn, Erwin Oehme, G. Pulian, W. Rau, R. Schietzold, A. Thomas, L. Venus, A. Zeh.

Eine L. Richter-Ausstellung, gegen 200 Orig.-Werke (Zeichnungen u. Aquarelle), fand Anfang 1878 im Kunstvereinslocale des Leipziger Museums statt.

Werke L. Richter’s (Oelgemälde, Bleistift-, Feder-, Sepia-, Tuschzeichnungen u. Aquarelle), etwa 280 Nummern, befanden sich auf der 5. Sonderausstellung der Berl. National-Galerie, Mai–Juni 1878.

Eine 683 Nummern umfassende Richter-Ausstellung bot das Freie deutsche Hochstift zu Frankfurt a. M. im Mai 1886.

Zum Gedächtnis Ludwig Richter’s war seitens der Dresdener Kunstgenossenschaft schon am 7. Juli 1884 eine Totenfeier veranstaltet worden.

Diejenigen Gemälde, Aquarelle u. Zeichnungen L. Richter’s, welche sich auf der 5. (Werke von L. Richter, Mintrop, A. u. J. Elsasser u. H. Funk enthaltenden) Sonder-A. in der Berliner National-Galerie, Mai–Juni 1878 befanden, sind mit einem * bezeichnet.

I. Oelgemälde.

1. Der Watzmann in Abendbeleuchtung. Sein erstes im Winter 1823–24 für den Dresd. Buchh. Chr. Arnold in Rom gemaltes Bild nach Reisestudien, die er während seines Aufenthaltes in Salzburg 1823 gemacht hatte. (Mohn, Abb. 13).
2. Wasserstrahl bei Lend, Gegend von Gastein. - Dresd. ak. KA. 1824.
3. Rocca di Mezzo. Felsige Landschaft aus dem Sabinergebirge. Im Vordergr. Landleute mit Marktkörben auf dem Wege zur hoch gelegenen Stadt. Auf Bestellung 1825 in Rom gemalt. h. 0,90, br. 1,30. E: Städt. Museum Leipzig, Geschenk des Frh. Max v. Speck-Sternburg 1849. (Mohn, Abb. 2). Vgl. Richter’s „ Selbstbiographie“ u. Schnorr’s „Briefe aus Italien“.
4. Das Tal von Amalfi mit Aussicht auf den Meerbusen von Salerno. Die Figuren nach Richter’s Entwurf componirt von Jul. Schnorr. Bez: L. R. Roma 1826. h. 0,98, br. 1,36. (Vgl. Quandt’s Schreiben an Ernst Förster im Cotta’schen „Kunstblatt“ 1848). Durch den Sachs. KV. gelangte das Bild an den Appell.-Ger.-Präsidenten v. Minckwitz u. 1862, als Geschenk von Ed. Cichorius, an das Städt. Museum zu Leipzig. Radirt von L. Richter selbst für d. Bilderchr. des Sächs. KV. 1827. qu. fol. (Mohn, Abb. 6 u. 7). – Dresd. ak. KA. 26.
5. Zug der Sennen auf die Alpe. Frühlingsmorgen im Lauterbrunnertal, mit der Jungfrau u. den Silberhörnern. Bald nach Richter’s Rückkehr nach Italien gemalt, unbekannt wohin es gekommen. – Dresd. ak. KA. 27; Berl. ak. KA. 28.
6. Abend u. Heimkehr der Landleute nach Civitella, auf dessen Höhe die alte Burg liegt. (Eine spätere Wiederhol. in Mohn, Abb. 8). – Berl. ak. KA. 28.
7. Landschaft mit Partie aus Ariccia. Nach links weite Aussicht, im Vordergr. eine Quelle, an welcher sich ein Klosterbruder mit einer Bäuerin unterhält. Im Berl. Katalog 1828: „Mädchen, welche aus einem Brunnen Wasser schöpfen; der landschaftl. Teil ist aus der Gegend von L’Ariccia. Morgen.“ Gest. von W. Witthöft.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Berichtigung siehe Berichtigungen: S. 410 a, Z. 13 v. o., lies bis statt bei.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Boetticher: Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts – Zweiter Band. Fr. v. Boetticher’s Verlag, Dresden 1898/1901, Seite 410. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Malerwerke_des_neunzehnten_Jahrhunderts_Zweiter_Band.pdf/415&oldid=- (Version vom 2.4.2024)