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floh – –, und das war feige, El Gento. Ich hätte die Tote niemals diesem trunkenen Pack überlassen dürfen. Daran ist heute nichts mehr zu ändern. Und ich – – ich bin heute blind … Auch nicht zu ändern …“ Er zuckte die Achseln. „Alles findet seine Sühne, alles …“

Eine lange Pause folgte. Was sollte ich sagen?! Trösten, den Mann seelisch aufrichten?! Er war innerlich gebrochen, das merkte ich. Ich schwieg.

Die Sonne sank tiefer. Die Dämmerung nahte. Ich raffte mich auf.

„Ich werde jetzt einmal Ihre Schädelwunde und Ihre Augen gründlich säubern und verbinden,“ meinte ich. „Ich habe Kognak in meiner Feldflasche, und drüben ist eine kleine Quelle. Gehen wir dorthin.“

Ich führte ihn wieder. Spielte dann Arzt. Braankens Augen waren von Eiter völlig verklebt, die Lider unförmig geschwollen und die Pupille, die schließlich durch Auseinanderpressen der Lider in schmalem Schlitz sichtbar gemacht werden konnte, mit einer graubläulichen Haut überzogen. Die Augen waren tot, erloschen.

Braanken zuckte mit keiner Wimper, als ich die vereiterte Kopfwunde aufschnitt und auswusch. Überhaupt: Körperlich war dieser breitschultrige Riese, der gut seine sechs Fuß maß, in tadelloser Verfassung. Er mußte ungeheure Kräfte haben. Der zweimonatige Ritt durch Einöde und Berge hatte ihm fraglos Muskeln und Sehnen trainiert[1].

Ob ich Zweifel an seinen Angaben hegte? – Nein. Seine Erzählung war so schlicht gewesen, daß sie durchaus wahrheitsgetreu wirkte. Kein Wort zu viel, keins zu wenig. Keine Redensarten

  1. Vorlage: träiniert
Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Mein Freund Coy. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1929, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mein_Freund_Coy.pdf/16&oldid=- (Version vom 1.8.2018)