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mittags. Zwölf Stunden später sollte ich meine Sehnsucht, einmal den nie wegschmelzenden Firnschnee der Andengipfel kennen zu lernen, erfüllt sehen, freilich in anderer Art, als ich es mir je gedacht hatte.




8. Kapitel.
Bergan.

Als ich Knabe war und als ich noch eine Mutter hatte, die ich liebte und die mir mehr Freundin als Erzieherin gewesen, denn mein Vater – leider – war mehr unser Feind, ohne dabei ein schlechter Mensch zu sein, – als ich mit glühenden Wangen die aufregenden Erfindungen der unerschöpflichen Phantasie eines Karl May in meiner Heimatsprache las – verschlang, da hat meine Mutter mir oft mahnend erklärt, daß ich nie vergessen möge, daß die Wirklichkeit denn doch wohl anders sei als May’sche Indianer- und Abenteurerromantik. Meine Mutter dämpfte die Begeisterung für jene Phantasiehelden, und so hat mir jene Lektüre nie etwas geschadet. Und meine Mutter hatte recht mit allem: Das Leben spielt anders mit Menschenschicksalen, und niemand, der am Schreibtisch seine Geistesprodukte tippt, wird dieses Leben je erschöpfen können. Wie ärmlich nimmt sich zum Beispiel jeder Roman im Vergleich zu den lebensvollen Reisewerken meines berühmten Landsmannes Sven Hedin aus! In Romanen reden die Leute zumeist in Kantschen

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Max Schraut: Mein Freund Coy. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1929, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mein_Freund_Coy.pdf/84&oldid=- (Version vom 1.8.2018)