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schließlich stockend damit heraus, daß sie mir jede beliebige Summe mit tausend Freuden für die Heimreise zur Verfügung stellen wollen.

Es sind Juden. Keine Juden, die bei mir Geschäfte machen könnten. Sie wissen, daß ich über Rußland allein und unbeschützt heimfahre. Und sie wissen von sich selber, daß sie morgen hinausgestoßen sind ins Ungewisse.

Der Schmerz hat diese Gesichter, die mir einst so unbewegt und kalt erschienen, schön gemacht. Und er hat mir den Weg zu ihnen gezeigt.

Przemysl, den 30. April 1915.

Der Zar war zwei Tage hier in Begleitung des Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch.

Es wurde vom russischen Festungskommando der Befehl erlassen, daß die hier zurückgebliebenen österreichisch-ungarischen Kranken und Verwundeten sowie das wenige Sanitätspersonal, das noch hier ist, vier Tage in den Spitälern interniert bleiben. Alle straßenseitigen Fenster der Spitäler sind zu verkleben oder zu verhüllen. Es ist streng verboten, sich an einem straßenseitigen Fenster zu zeigen, widrigenfalls die russischen Posten nach dem Betreffenden schießen.

Die Straßen der Stadt waren rot-blau-weiß beflaggt, vor der Bezirkshauptmannschaft, wo der feierliche Empfang stattfand, waren Triumphpforten errichtet.

In allen Straßen russisches Soldatenspalier. Die Zivilbevölkerung läßt man passieren. Doch zeigt sich niemand von der Einwohnerschaft in den Straßen, wie der Zar, zu seiner Linken den Großfürsten Nikolajewitsch, im offenen Automobil seinen Einzug hält.

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/178&oldid=- (Version vom 1.8.2018)