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Przemysl, den 21. November 1914,
     am 15. Tag der 2. Belagerung.

Seit wir nun schon zum zweitenmal einzig und allein auf unsere eigenen Hilfsquellen angewiesen sind, sind wir damit dem Urzustand um einen guten Schritt näher gekommen.

Wir kaufen nicht mehr, wir tauschen!

Wenn der Menageoffizier eine Fahrt ins Festungsgebiet macht, um zu versuchen, in den wenigen Dörfern, die verschont geblieben sind, Kälber und Schweine, Geflügel, Eier und Butter aufzutreiben, so nimmt er aus dem Verpflegsmagazin dafür Zucker, Salz, Petroleum und Zündhölzer, eventuell auch Mehl zum Tausche mit. Denn er weiß sehr gut, daß ihm keiner im Dorf für Geld etwas gibt. Was sollen die Leute mit Geld, wenn sie nichts dafür bekommen? Denn das Verpflegsmagazin gibt in den ersten drei Monaten von seinen sehr reichen Vorräten nur an das Militär und die Spitäler ab. Erst später wird auch die Zivilbevölkerung mit Proviant unterstützt.

Ab und zu kommt noch eine Bäuerin mit ein paar Litern Milch oder einigen Eiern in die Stadt. Sie trägt sie versteckt, geht damit in die Häuser und fragt, wer tauschen will. Nur dann gibt sie ihre Sachen her. Das am meisten zum Tausche Begehrte ist Zucker, Salz, Zündhölzer und Petroleum.

Nur am Ringplatz stehen morgens noch ein paar Leute, die ihren Grund dicht an der Stadtgrenze haben. Sie bringen Gemüse und Äpfel und nehmen noch allerdings sehr hohe Bezahlung.

Ich bringe hier zur Erläuterung der Preissteigerung eine Preisliste. Sie bringt die Durchschnittspreise, die in Przemysl vor Ausbruch des Krieges bezahlt wurden

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/90&oldid=- (Version vom 1.8.2018)