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Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

überlegt. Am Weg stand eine Kelter, mit einem umgelegten Trog davor, auf diesen setzt’ er sich, der Meinung, sein Weggenoß’ soll weiter gehen. Der aber warf sich seitwärts hinter ihm in’s Gras und schien bald eingeschlafen, von der Hitze müd. Da war es still umher; ein einziges Heimlein sang am staubigen Rain so seine Weise ohn’ Aufhören fort.

Endlich da fing der Seppe vor sich selbst, doch laut genug, zu sprechen an: Jetzt weiß ich was ich thu’: ich werd’ ein Scheerenschleifer! Wo ich halt geh’ und steh’, juckt’s mich, ein Rad zu treten, und sollt’s ein Spinnrad sein! (Dem war auch richtig so und konnte gar nicht anders sein, denn einer seiner Schuhe war für ein Mädchen gefeit und gesegnet.) Die Art von Schleiferei – so sprach der Seppe weiter – muß Einer doch bald können, und so ein Kerl führt seine Werkstatt lustig auf einem Schubkarrn durch die Welt, sieht alle Tage eine andre Stadt, da pflanzt er sich im Schatten an einem Markt-Eck auf und dreht seinen Stein, daß die Funken wegfliegen. Die Leute mögen sprechen was sie wollen, das ist jetzt einmal mein Beruf und mein Genie, ich spür’s in allen Gliedern; und wo mir recht ist hat mein Ehni seliger einmal gesagt: der Seppe ist unter dem Zeichen des Wetzsteins geboren.

Bei diesen Reden richtete sich das Färberlein halb

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. Stuttgart: G. J. Göschen. 1878, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_118.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)