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Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

er daselbst gewesen sein, da war er mürb und gar bereits vor Liebe zu der Meisterin; und wenn er wohl bisweilen meinte, ein wenig mehr Gespräch und Fröhlichkeit stünd’ ihr gut an, so dachte er doch immer gern eines alten wahrhaften Worts: Stille Schaf seind Mille-92 und Wolle-reich, wird ihnen gewartet. Alle Samstag Nacht, wenn er auf seine Kammer ging, sprach er bei sich: jetzt morgen tragst du ihr die Heirath an! – und wenn er eben drauf und dran war, ließ er’s wieder, aus Blödigkeit und Sorge, sie möchte ihn zuletzt doch stolz ablaufen lassen.

Nun hatten sie einsmals ein Schweinlein gemetzelt, das zweite seitdem man den Lichtbraten93 hatte – es war schon im Hornung und schien ein vorzeitiger Frühling zu werden – da befand sich der Seppe am Morgen allein mit ihr in der Küche, das Fleischwerk in den Rauch zu hängen. Inmittelst als er sich die Leiter unter dem Schlot zurechtstellte, die Würste sich in Ringen um die Arme hing, erzählte er ihr von Regensburg und Regensburger Würsten, was er vom Hörensagen wußte; und wie er so mit seiner Tracht aufstieg in das Kamin, sie aber unten stand bei’m Herd, sprach sie: Nach Regensburg geht Ihr doch noch; es liegt Euch allfort in Gedanken.

Der Seppe, weil sie ihm nicht in’s Gesicht sehn konnte – denn oberhalb stak er im Finstern – nahm

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Aus: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. Stuttgart: G. J. Göschen. 1878, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_186.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)