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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

und schwand in die Lüfte, nur wie ein Stern am Himmel hinzückt. Der Hansel seinerseits fraß aber tapfer zu; und als er satt war, that’s ihm leid, so fett und milchig war das zarte Gras. Endlich kommt ihm der Schlaf; also legt er sich stracks an den Hügel dort bei den runden Buchen und ruht bei vier Stunden. Weckt ihn mit Eins ein Jägerhorn, da war es Tag und stund die Sonne hell und klar am Himmel. Risch, springt er auf, sieht seinen Schatten auf dem grünen Rasen, verwundert sich und spricht: „Ei! was bin ich für ein schmucker Kerl geworden! unecket, glatt und sauber!“ So war es auch, und glänzte seine Haut als wie in Oel gebadet.

Nun aber jagte der König des Landes schon etliche Tage in selbiger Gegend und ging just aus dem Wald hervor mit seinen Leuten. „Ah schaut! ah schaut!“ rief er: „was für ein schönes Roß! wie es die stolzen Glieder übt in Sprüngen und lustigen Sätzen!“ So sprechend trat er nahe herzu mit den Herren vom Hofe, die vernahmen sich alle über das Pferd und klopften ihm liebkosend auf den Hals. Sagte der König: „Reit’, Jäger, in das Dorf hinein, zu fragen, ob dieses Thier nicht feil. Sag’ ihnen, es käm’ an keinen schlechten Herrn.“ Derselbe Jägersmann ritt eine Schecke, welche dem Hansel wohlgefiel, derhalben er von selbst mit in den Flecken trabte,

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_257.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)