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dass die Fluth in ihrer mittleren Höhe auf etwa 16 Fuss ansteigt, und dass im Frühjahr und Herbst die Höhe in den Syzygien die in den Quadraturen stattfindende Höhe um mehr als 7 oder 8 Fuss übertreffen kann. Nimmt man also 9 Fuss als grössten Unterschied dieser Höhen an, so wird

2.   L + S : L — S = 20½ : 11½ = 41 : 23,

welches Verhältniss dem obigen ziemlich nahe kommt. Die Grösse der Fluth im Hafen von Bristol scheint Sturm’s Beobachtungen grösseres Vertrauen zu verleihen, und bis man etwas Gewisseres gefunden haben wird, wollen wir uns des Verhältnisses 9 : 5 bedienen.

Uebrigens treffen, in Folge der wechselseitigen Bewegungen der Gewässer, die grössten Fluthen nicht genau in den Syzygien der Sonne und des Mondes ein, sondern erst die dritten Fluthen nach den Syzygien sind die grössten, wie bereits gesagt worden ist. Die grössten Fluthen folgen also nahe auf den dritten Durchgang des Mondes durch den Meridian des Ortes nach den Syzygien; oder auch (wie Sturm bemerkt) sie sind die dritten nach dem Tage des Neu- oder Vollmondes, wie auch etwas mehr oder weniger nach der 12. Stunde seit dem Neu- oder Vollmonde. Die grössten Fluthen stellen sich daher nahe in der 43. Stunde nach den Syzygien ein. Sie treten in diesem Hafen etwa um die 7. Stunde nach dem Durchgange des Mondes durch den Meridian ein; sie folgen also am nächsten auf diesen Durchgang, wenn der Mond von der Sonne, oder der Opposition mit der letzteren rechtläufig um beiläufig 18° oder 19° entfernt ist.[1] Wie der Sommer und Winter ihre grösste Macht nicht in den Solstitien selbst, sondern erst dann haben, wenn die Sonne um 1/10 des Kreises oder um etwa 36° bis 37° entfernt ist, eben so tritt die grösste Fluth des Meeres nach dem Durchgange des Mondes durch den Meridian des Ortes ein, wenn der Mond von der Sonne um 1/10 des ganzen Zwischenraumes zweier auf einander folgenden Fluthen entfernt ist. Gesetzt, dieser Abstand betrage etwa 18½°, alsdann wird die Kraft der Sonne in diesem Abstande des Mondes von den Syzygien und Quadraturen geringere Wirkung in Bezug auf die Vergrösserung oder Verkleinerung der durch den Mond hervorgebrachten Bewegung des Meeres ausüben, als in den Syzygien und Quadraturen, und zwar im Verhältniss des Radius zum Cosinus des doppelten Winkelabstandes, oder zum cos 37°, d. h. wie 10000000 : 7986355. In der Proportion 1. hat man also 0,7986355 S statt S zu setzen.

Man muss aber auch die Kraft des Mondes in den Quadraturen wegen seiner Abweichung vom Aequator, vermindern. Die letztere beträgt nämlich in den Quadraturen oder vielmehr im Winkelabstande 18°,5 von den Quadraturen etwa 22° 13'.[2]

Die Kraft eines Gestirns wird aber geringer, in Bezug auf die Bewegung des Meeres, wenn sich dasselbe vom Aequator entfernt, und zwar nahebei im doppelten Verhältniss des Cosinus seiner Declination. Die Proportion 1. geht demnach über in


  1. [641] No. 283. S. 450. Ein Theil dieses Satzes ist nicht recht klar dargestellt. Die dritte Fluth nach der Syzygie tritt etwa 36 Stunden [642] später ein, in welcher der Mond sich rechtläufig im Mittel um 19° 35' und die Sonne nur 1° 28' bewegt, so dass ihr gegenseitiger Abstand 18° 7' beträgt. Legt man zu den vorstehenden 36 Stunden die sogenannte Hafenzeit in Bristol von 7 Standen, so kommen die im Text aufgeführten 43 heraus.
  2. [642]
    Fig. 268.

    No. 284. S. 450. Befindet sich die Sonne in S, d. h. im Widderpunkte, ist L ein Solstitialpunkt, also SL = 90°, LL' = 18,°5, also der Mond um 18,°5 von der Quadratur entfernt; so ist sin L'a = sin 108°,5 sin 23° 27' = 22° 14'. Einmal ist die Kraft des Mondes in L' im Verhältniss cos L'a : 1 kleiner, ab wenn jener sich im Aequator befände. Ferner in demselben Verhältniss die Centripetalkraft und

    Fig. 269.

    daher auch die Centrifugalkraft in L kleiner als in a; mithin durch Zusammensetzung die Kraft des Mondes in L' im Verhältniss (cos L'a)² : 1 = (cos 22° 14')² : 1 kleiner als im Aequator.

Empfohlene Zitierweise:
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 450. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/458&oldid=- (Version vom 1.8.2018)