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wird, verhält sich wie die Menge der Materie in dieser anderen Kugel, dividirt durch das Quadrat des Abstandes beider Mittelpunkte (nach §. 119., Zusatz 2.), und dieser Kraft ist die Geschwindigkeit proportional, mit welcher die angezogene Kugel sich in einer gegebenen Zeit gegen die anziehende Kugel bewegt. Hat man dies gehörig eingesehen, so wird man leicht die Bewegungen der Himmelskörper unter sich bestimmen können.

§. 27. Alle Planeten laufen um die Sonne.

Vergleichen wir die Kräfte der Planeten mit einander, so finden wir, dass die Kraft der Sonne 1000 und noch mehrmal grösser ist, als die Kräfte aller übrigen zusammengenommen. In Folge des Dranges einer so grossen Kraft ist es aber nothwendig, dass alle Körper, innerhalb des Planetensystems und noch weit darüber hinaus, geradlinig zur Sonne herabsteigen, wenn sie sich nicht anderweitig bewegen. Die Erde ist ebenfalls unter diese Körper zu zählen.

Der Mond gehört gewiss zum Geschlecht der Planeten und unterliegt denselben Anziehungen wie diese, da er nur durch die anziehende Kraft der Erde in seiner Bahn gehalten wird. Dass die Erde und der Mond auf gleiche Weise gegen die Sonne gezogen werden, und dass eben so alle Körper den Gesetzen der Anziehung unterworfen sind, haben wir schon oben bewiesen. In welcher Zeit aber ein beliebiger Körper, welcher einer Bewegung um die Sonne beraubt wäre, herabsteigen und bei diesem Falle bis zur Sonne gelangen würde, ergiebt sich (nach §. 76. des ersten Buches) aus einem Abstande von ihr; nämlich in der Hälfte der Umlaufszeit, in welcher er bei einem halb so grossen Abstande um die Sonne laufen wurde oder in einer Zeit, welche sich zum Umlaufszeit des Planeten verhält, wie 1 : 4.

So würde die Venus in Zeit von 40 Tagen, der Jupiter in 2 Jahren und 1 Monat, die Erde und der Mond in 66 Tagen und 19 Stunden zur Sonne gelangen.[1] Da dies nicht geschieht, müssen die Körper sich nothwendig nach einer anderen Richtung bewegen, und nicht jede Bewegung ist hierzu hinreichend; zur Verhinderung des Herabfallens wird vielmehr eine hinreichend grosse Geschwindigkeit erfordert.

Hieraus ergiebt sich auch ein Grund für die langsamer werdenden Planeten. Wenn die Kraft der Sonne nicht im doppelten Verhältniss der Verzögerung abnähme, so würde ihr Ueberschuss bewirken, dass die Körper zu ihr herabstiegen. Wenn z. B. die Bewegung, unter übrigens gleichen Umständen, doppelt so langsam würde, so würde der Planet durch den vierten Theil der früheren solaren Kraft in seiner Bahn festgehalten werden und vermöge des Ueberschusses der anderen ¾ zur Sonne herabsteigen. Ferner werden die Planeten Saturn, Jupiter, Mars, Venus und Merkur nicht wirklich in ihrer Erdnähe verzögert, eben so wenig werden sie wirklich stillstehend oder mit langsamer Bewegung rückgängig. Alles dieses ist nur scheinbar und die absoluten Bewegungen, bei denen die Planeten in ihren Bahnen verharren, sind immer


  1. [659] No. 342. S. 531. Für die Umlaufszeit
    der Venus = 224,d7 finde ich ihre Fallzeit = 39,d72,
    des Jupiters = 4332,58 „ „ „ „ = 2 Jahre 35,d4,
    der Erde = 365,26 „ „ „ „ = 64,d569.
Empfohlene Zitierweise:
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 531. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/539&oldid=- (Version vom 1.8.2018)