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eine grössere Ebbe und Fluth, sie steigern ihren Lauf oder lassen darin nach und werden aus dieser Ursache stärker gehoben und herabgedrückt. An den Küsten von Süd-Amerika soll das Stille Meer bei der Ebbe nicht selten um zwei Meilen zurückweichen und sich dem Anblick eines am Ufer Stehenden entziehen. Daher sind dort auch die Fluthen höher als gewöhnlich. In tiefern Gewässern ist aber die Geschwindigkeit, womit das Wasser vor- und rückwärts strömt, immer kleiner, und es steigt und sinkt daher auch weniger. An solchen Orten soll der Ocean, so viel man weiss, nicht über 6, 8 od. 10 Fuss ansteigen.[1] Die Grösse des Steigens berechnete ich aber folgendermassen.

§. 48. aus den angeführten Principien berechnet man die Kraft der Sonne, welche die Bewegung des Mondes stört.

Es bezeichne S die Sonne, T die Erde, P den Mond und PADB die Bahn des letzteren. Auf SP nehme man SK = ST und SL : SK = SK² : SP², ferner ziehe man LM PT.

Fig. 218.

Wild nun die mittlere Kraft der Sonne, welche auf die Erde wirkt, durch den Abstand ST oder SK bezeichnet, so wird SL die auf den Mond wirkende Kraft der Sonne sein. Diese ist aus den Seitenkräften SM und LM zusammengesetzt, von denen LM und der Theil TM von SM die Bewegung des Mondes stört (wie im §. 107. und dessen Zusätzen auseinandergesetzt worden ist). So weit die Erde und der Mond sieh um ihren gemeinschaftlichen Schwerpunkt bewegen, wird die erstere durch ähnliche Kräfte angetrieben; allein die Summe so wohl der Kräfte, als auch der Bewegungen darf man auf den Mond beziehen, und die erstere Summe durch die Linie TM und ML, welche ihnen analog sind, bezeichnen. Die Kraft ML, in ihrer mittleren Grösse, steht zu der Kraft, vermöge welcher der Mond sich in seiner Bahn um die ruhende Erde, im Abstande PT bewegen könnte, im doppelten Verhältniss der Umlaufszeit des Mondes um die Erde zur Umlaufszeit der letzteren um die Sonne (nach §. 107., Zusatz 17.), d. h. im doppelten Verhältniss von 27d 7h 43m : 365d 6h 9m oder im Verhältniss

1.   1000 : 178725 = 1 : 17829/40.

Die Kraft, vermöge welcher der Mond sich in seiner Bahn um die ruhende Erde, in einem Abstande PT von 60½ Erdhalbmessern bewegen


  1. [660]
    Fig. 283.

    No. 319. S. 545. Der grösste Unterschied der Fluthhöhe wird offenbar in den Punkten A und B stattfinden, weil CA der grösste und CB der kleinste Halbmesser und daher

    1.   CA — CB

    ein Maximum ist.

    Weil CE = CF > CB, wird

    2.   CA — CE = CA — CF < CA — CB,

    also zwischen der Mitte A und den Küsten E und F des EF breiten Meeres ein geringerer Unterschied der Fluthhöhe, als zwischen A und B stattfinden. Ferner wird

    3.   CE — CF = 0

    und daher zwischen den Küsten E und F des EF breiten Meeres gar kein Unterschied in der Fluthhöhe stattfinden.

    Betrachten wir das ef breite Meer, so ist Ce nahe dem grössten Werthe CA, Cf nahe dem kleinsten Werthe CB gleich und da CD < CA und CD > CB; offenbar

    4.   CD — Cf oder Ce — CD kleiner als Ce — Cf.

    Der Höhenunterschied der Fluth zwischen der Mitte D und den Kästen e und f des ef breiten Meeres ist geringer als der zwischen e und f selbst. Man ersieht hieraus zugleich, dass der letzte Unterschied desto grösser ist, je grösser die Breite ef des betreffenden Meeres vorausgesetzt wird. Hierbei muss aber der Winkel eCf am Mittelpunkte C der Erde kleiner als 90° sein, weil ein rechts von CB liegender Halbmesser Cf grösser als der letztere und daher Ce — Cf wieder kleiner werden würde.

Empfohlene Zitierweise:
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 545. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/553&oldid=- (Version vom 1.8.2018)