Seite:OAB Freudenstadt 156.png

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ihnen an zeitlicher Habe lieb sei, retiriren könnten; die Landstände beharrten gleichwohl auf ihrer Weigerung. Im J. 1661 begann daher der Herzog allein die Ausführung seines Planes; die Festung sollte ein reguläres Achteck mit einer Hauptbastion an jeder Ecke bilden und auf dem benachbarten Kienberg eine Citadelle mit einem Schloß und bedecktem Gang erbaut werden. Die Aufsicht beim Bau führt der Expeditionsrath Johann Christoph Walther und Baumeister Matthäus Weiß. Nachdem man aber damit schon ziemlich weit vorgeschritten war und über 100.000 fl., wozu die Landstände nur 50.000 fl. beitrugen, darauf verwendet hatte, wurde 1674 das Bauen eingestellt, weil der Oberstlieutenant Kieser, nach vorgenommener Besichtigung, erklärte, der Ort sey für den beabsichtigten Zweck, namentlich wegen der nahen Berge, ganz untauglich. Die angelegten Werke zerfielen nach und nach. Sein Interesse für Freudenstadt bezeugte aber Herzog Eberhard III. noch dadurch, daß er im Codizill von 1674 der hiesigen Kirche 1000 fl. zu ihrer und des Pfarrhauses Erhaltung und Ausbesserung vermachte (Reyscher Sammlung 2, 423).

Unter den Unglücksfällen der Stadt ist hervorzuheben, daß in den Jahren 1610 und 1611 die Pest über die Hälfte der Einwohner hinwegraffte.

Am 24. Mai 1632 brach im Barben-Wirthshaus ein Feuer aus, welches wegen des heftigen Windes in 21/2 Stunden 141 Gebäude verzehrte, wobei mehrere Menschen beschädigt wurden und einer umkam. Nach der Schlacht bei Nördlingen 1634 überfiel die Stadt eine Kroatenschaar, welche sie nicht nur ausplünderte und verbrannte, sondern auch die Einwohner ohne Unterschied des Standes, Geschlechts und Alters niederhieb, so daß die Stadt, zumal da die Pest auch im Jahr 1635 434 Menschen tödtete, über ein Jahr lang öd und verlassen da lag. Auch 1639 erlitt sie durch die französischen und weimarischen Truppen eine Plünderung. Als damals der Stadtpfarrer, Georg Stöffler, sich weigerte, den Plünderern das Behältniß zu entdecken, worin die Kirchengefässe aufbewahrt wurden, wollten ihn diese aufhängen, schenkten ihm jedoch, auf Bitten eines Kapuziners, das Leben; seitdem wurde jeder durchreisende Kapuziner in Kost und Wohnung freigehalten.

Die Parcellen der Gemeinde Freudenstadt sind: 1) Christophsthal mit dem K. Eisenwerk; dieser in dem engen, tiefeingeschnittenen Forbach-Thale liegende Weiler besteht aus den K. Hammerwerken, Beamtenwohnungen, Fabriken, Mühlwerken und Arbeiterwohnungen, welche sich theils mit unbedeutenden theils namhaften Unterbrechungen gruppenweise zerstreut, in einer Länge von etwa 1/2 Stunde an dem

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. Karl Aue, Stuttgart 1858, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Freudenstadt_156.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)