Seite:OAB Freudenstadt 278.png

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Veränderung des Langhauses angibt. Der viereckige, an den Ecken mit Buckelsteinen versehene Thurm ist in seinen untern Theilen sehr alt und massiv erbaut; das obere, erst später aus Holz aufgesetzte Stockwerk trägt ein einfaches Zeltdach. Von den 3 Glocken sind 2 in neuerer Zeit gegossen worden, die größte aber trägt außer den 4 Evangelistennamen die in alten Majuskeln ausgeführte Umschrift: O rex glorie veni cum pace. Das Innere der sehr geräumigen Kirche ist hell und sowohl das Langhaus als der Chor flach gedeckt; in letzterem befindet sich ein schön aus Stein gearbeitetes Tabernakel mit der Jahrszahl 1515. Die Unterhaltung der Kirche steht der Stiftungspflege zu.

Das in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts massiv erbaute Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten hat, steht zunächst der Kirche.

Das Schulhaus, zugleich ein Gemeinderathszimmer und die Wohnung des Lehrers enthaltend, wurde im Jahr 1845 mit einem Gemeindeaufwand von beinahe 8000 fl. in einem ansprechenden Styl massiv erbaut. Neben der Volksschule, an welcher nur ein Lehrer unterrichtet, besteht seit einigen Jahren eine Industrieschule.

Der Ort bezieht sein Trinkwasser nur aus Schöpfbrunnen, die in trockenen Jahrgängen meist versiegen; eine Wette ist vorhanden.

Ein ausgezeichneter Ober-Iflinger ist Christoph Friedrich Sartorius, geb. den 22. Oct. 1701, Sohn des Pfarrers daselbst. Er studirte in Tübingen Theologie, wurde 1733 Klosterpräceptor und Prediger in Bebenhausen, 1747 Decan in Ludwigsburg, 1755 Professor der Theologie, Prediger und Superattendent des theologischen Stifts in Tübingen, 1780 Canzler der Landesuniversität und starb den 9. Dec. 1785. Außer vielen Dissertationen verfaßte er auch ein streng orthodoxes Compendium theologiae dogmaticae (4. Aufl. 1784), welches längere Zeit der würt. Geistlichkeit zum Lehrbuch diente.

Die Einwohner sind im Allgemeinen schöne, gesunde, fleißige Leute, die sich in befriedigenden Vermögensumständen befinden.

Feldbau und Viehzucht bilden die Hauptnahrungsquellen der Orts-Einwohner; im Einzelnen beträgt der ausgedehnteste Güterbesitz 50–60 Morgen, der gewöhnliche 25–30 Morgen. Die Feldgüter der mittelgroßen Markung liegen meist eben und haben im Allgemeinen einen fruchtbaren Boden, der größtentheils aus den Verwitterungen des Muschelkalks besteht und wegen der vielen Steine, die häufig zusammengelesen werden müssen, schwer zu bebauen ist. An einzelnen Stellen überlagert ein ergiebiger Diluviallehm den Muschelkalk. Die Luft ist rein, aber scharf und meist stark bewegt.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. Karl Aue, Stuttgart 1858, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Freudenstadt_278.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)