Seite:OAB Oberndorf 082.jpg

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um mehr Schutz gegen Wind und Wetter zu gewähren. Auf der Hochebene des Schwarzwaldes trifft man beinahe allgemein weit vorstoßende Dächer, die nicht selten, namentlich bei einzeln stehenden Häusern, mit Schindeln gedeckt sind und die Verschindelung oder Verbretterung an den Außenwänden wird allgemein; im tiefen Schwarzwald aber, in den engen Thälern oder auf den Vorhügeln gegen dieselben, kommen viele einzeln stehende, im ausgesprochenen Gebirgsstil erbaute Häuser vor, die zum Theil ganz von Holz, aus übereinander gelegten Balken bestehen; unter dem weit vorstoßenden Schindeldache, das zuweilen, wenigstens auf der Wetterseite, beinahe bis zum Boden reicht, läuft am zweiten Stockwerk ein einfacher Balkon hin, meist mit Blumen-, vorherrschend Nelkenstöcken geziert, die kunstlos gehalten, weit über die Brüstung malerisch herunter hängen und mit ihren mannigfaltigen Blumen dem Wanderer freundlich entgegen duften. Die Treppe führt geschützt von dem weit vorragenden Dache außerhalb des Hauses bis zum Balkon und von da in die oberen Gelasse; in dem unteren Stockwerk befinden sich zuweilen Stallungen, oder es dient dasselbe als Wohnung, während die Stallungen alsdann in einem Nebengebäude eingerichtet sind.

Die Fenster sind klein, öfters beinahe quadratisch und zum Schieben eingerichtet. Derartigen, äußerst malerischen heimlichen Wohnungen fehlt zuweilen das Kamin, so daß der Rauch zu den Dachöffnungen und Dachläden hinauszuziehen genöthigt ist. Die Zimmer (Stuben) dieser, wie überhaupt der Schwarzwaldhäuser sind meist durchaus getäfelt und in ansehnlichen Bauernwohnungen wird häufig die ebenfalls getäfelte Decke in der Mitte der Stube von einer hölzernen Säule unterstützt; ein großer, oft mit Reimen und Bildwerk gezierter Kachelofen, um den oben ein Gestäng zum Aufhängen der nassen Kleider und der Wäsche läuft, ragt weit in die Stube herein und in seiner Nähe darf die Ofenbank (Pritsche) nicht fehlen. Eine Schwarzwälder Uhr findet man sogar in der ärmsten Hütte, und in den Wohnungen der wohlhabenden Bauern ist eine Spieluhr, wie auch ein Klavier gerade nicht selten. Ganz anders verhält es sich in der Oberamtsstadt und in größeren Orten, wie Schramberg und Alpirsbach; hier sind die Wohnungen meist im städtischen Stil erbaut und unter denselben, namenlich in Schramberg, einzelne von wirklich moderner Bauart. In Alpirsbach trifft man an mehreren älteren Gebäuden noch einen reichen, theilweise mit Schnitzwerk verzierten Holzbau.

Im allgemeinen findet sich in unserem Oberamtsbezirk manches

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oberndorf. H. Lindemann, Stuttgart 1868, Seite 082. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Oberndorf_082.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)