Seite:OAB Oberndorf 178.jpg

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aber nicht bloß hier, überall an den feingefugten Quaderflächen zu Seiten des Portals erscheinen bei aufmerksamer Betrachtung Heiligengestalten, in Reihen über einander stehend, auch mit der strengen feierlichen Haltung und Gewandung des romanischen Stils. Man denke sich dazu noch die alte vergoldete Holzdecke, so war einst diese Halle, die jetzt einen kahlen Eindruck macht, ein prächtiger Raum, eine würdige Vorhalle für die großartige Basilika. Von höchster Bedeutung ist endlich noch die das Portal verschließende große Flügelthüre; sie hat herrliche romanische Beschläge und Thürklopfer aus Erz (2 Löwenköpfe.) Über dem Portale hängen an Ketten fossile Übelreste eines Mamuth, ein Zahn und ein Hüftknochen; die Thüre selbst war und ist noch zum Theil mit der Haut eines Rhinoceros überzogen. Der Sage nach sind es die Knochen, das Horn und die Haut eines riesigen Ochsens, der die Säulenschäfte der Basilika herbeizog [1] und beim letzten Steine todt niederfiel. Das Äußere der Vorhalle ist stark verändert; statt des ursprünglichen, mit denen der Seitenschiffe zusammengehenden Pultdaches ward in gothischer Zeit die Vorderwand noch ziemlich hoch hinaufgebaut; hier sind jetzt über den Arkaden eingesetzt die großen schöngearbeiteten Wappen von Württemberg, Fürstenberg, Hausach; ferner das thronende Bild des h. Benedict und das Bild eines Abtes mit dem Wappenschilde derer von Haag.

Im Innern der Kirche ist bemerkenswerth:

1. gleich beim Hereintreten finden sich höchst merkwürdige, sehr alte, wohl noch aus romanischer Zeit stammende Sitzbänke, sie bestehen aus lauter aus Holz gedrehten Stücken und machen den Eindruck von Flechtwerk.

2. Weiter innen, im südlichen Seitenschiffe, stehen hübsche gothische Chorstühle, stark beschädigt, an der Brüstung eines Stuhles ist das hausachische und das zollerische Wappen angebracht, ferner eine weibliche Figur mit einem Löwen spielend, und dazwischen auf einem Spruchbande steht: Anno domini 1493 in die martini und an der Schmalseite der Brüstung das Monogramm des Holzschneiders H M. mit einem Meisterzeichen zwischen beiden Buchstaben.

3. Die Kanzel, ihr spätgothischer steinerner Stamm ist al fresco bemalt mit den Gestalten des Petrus, Johannes d. Ev. und Jakobus d. Ält.; die steinerne spätgothisch durchbrochene Brüstung der Treppe schmückt das Alpirsbacher Wappen; an ihrem Anfang steht 1609.

4. Im nördlichen Querschiffe befindet sich der große Hochaltar,


  1. Dies hat schon die Zimmerische Chronik 1, 100.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oberndorf. H. Lindemann, Stuttgart 1868, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Oberndorf_178.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)