Seite:OAB Oberndorf 199.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Zimmers; von hier gelangt man in eine etwas kleinere Halle und diese verläuft in verschiedene Felsenspalten. Erdfälle sind mehrere vorhanden.

Die dem h. Silvester geweihte, ziemlich baufällige Kirche hat eine schöne Lage am Südende des Dorfes auf der nach Osten geneigten letzten Terrasse gegen die Neckarthalebene hin; sie stammt aus sehr früher Zeit. Unter ihrem geradgeschlossenen Chore befindet sich eine Krypta (Unterkirche), ein tonnengewölbter Raum mit einem Fensterchen, (innen rund-außen spitzbogig) gegen Osten, und einem rundbogigen Eingange gegen Süden. Im Westen steht der laut Jahreszahl an der Nordwestecke 1519 in schönen spätgothischen Formen erbaute Thurm; die Kirche samt Chor stammt dagegen aus spätromanischer Zeit; an der Ostwand des Chors erhielten sich einige halbvermauerte Spitzbogenfenster von ältester Form; die Langseiten der Kirche sind stark mitgenommen und verändert. Der dreistockige, noch mit dem alten hohen Satteldach bekrönte Thurm hat im ersten Geschoß eine hübsche Stabwerkspforte, im zweiten zierliche schießschartenartige Fensterchen, im dritten sehr schön gefüllte Spitzbogenfenster.

Das Innere ist durch Emporen verbaut, die Decke des ziemlich niedrigen Schiffes eben, der Triumphbogen rund, romanisch; der Chor hat ein sehr hochgesprengtes Rippenkreuzgewölbe, das von romanischen, in seinen Ecken stehenden Freisäulen getragen wird; sie sind verstümmelt, nur die gegen Südost ist noch ganz erhalten.

Auf dem Hochaltare steht ein großes Krucifix. Von den zwei Glocken ist die größere mit Reliefs und schönen Gewinden geschmückte von Meinrad Antoni Grieninger von Villingen 1722 gegossen; um sie steht ferner: vicit Leo de tribu juda Radix David. Alleluia. und auf der andern sehr alten Glocke in lateinischen Majuskeln: lucas marcus matheus iohannes ora. Die Kirche wird umschlossen von dem noch theilweise ummauerten Friedhof; sein östlichster Theil verschwand seit 1866 durch den Einschnitt der vorbeiziehenden Eisenbahn. Die Baulast der Kirche ruht auf der Stiftungspflege und die subsidiäre auf der Gemeinde.

Auf der Markung befinden sich zwei Kapellen; eine jetzt nicht mehr benützte im Neckarthal an der Straße nach Oberndorf; über ihrem zugemauerten Eingange steht 1729; innen sind noch Spuren von alten Fresken.

Die zweite noch benützte Kapelle steht auf dem steilen, waldigen, in das Neckarthal vorgeschobenen Kreuzberge, hat ein Dachreiterthürmchen und ist ein Schmuck dieses Berges und der Umgegend.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oberndorf. H. Lindemann, Stuttgart 1868, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Oberndorf_199.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)