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statt Korn Spreuer auf die Felder säete und nun als Licht umherirren muß.

Im Pfarrgarten in Erzingen wandelt der Pfitzergeist; er wird gesehen als Pfarrer im Ornat mit der Liturgie in der Hand, und wird von ihm gehört ein klägliches Weinen – im Volksmund pfitzen –. Er beklagt den Tod eines Kindes, das auf unrechtmäßige Weise in die Welt und aus der Welt gekommen ist, und harrt auf Erlösung.

Wie bekannt, finden sich Geister in vielen Pfarrhäusern. Im Pfarrhaus in Frommern sind schon etliche Mägde durchgegangen aus Furcht vor dem Pfarrhausgeist. Im Pfarrhaus in Margrethausen, einem Theil eines früheren Klosters, polterts oft gewaltig, wie wenn Holzschuhe durcheinander geworfen würden.


2. Hexensagen und Mutesheer.

Nicht weit von Balingen ist der berühmte Berg, den man Heuberg nennt und von welchem man vorgibt, daß die Hexen auf demselben zusammenkommen und ihre Teufelsspiele haben. Das ist gewiß, daß anno 1589 im Herbst etliche dergleichen Weiber und der fürnehmste Rathsherr zu Schömberg verbrannt worden, die alle bekannt haben, daß sie gewohnt gewesen, des Nachts auf diesem Berg zusammenzukommen, mit den Teufeln zu tanzen, zu buhlen, Menschen und Vieh zu beschädigen. Daher kommt es auch, daß die gemeinen Leute die Gespenster und Lichgesichter, die auf diesem Berg häufig gesehen werden, für Zauberei von den Hexen und Teufeln halten. (M. nach Crusius.)

In Weilheim ist diese Zusammenkunft der Hexen auf dem Heuberg wohl bekannt. Wenn sich eine bei der Heimkehr verspätet, so kann sie möglicherweise erwischt und entlarvt werden. Erst vor einigen Jahren ist eine Verspätete Morgens früh in der Luft durch den Ort gefahren unter furchtbarem Geheul. Viele Leute sind aus dem Bett gefahren, haben die Fenster schnell aufgerissen und wollten die Ursache des Geschreies erfahren. Auch der Brückenwirth that also, konnte aber nichts sehen, doch erzählte ihm der damalige Nachtwächter M. St. voll Schrecken und Entsetzen, daß die Hexe soeben ganz nahe an ihm vorbeigefahren sei und ihm den Hut vom Kopf gestreift habe.

Durch Thieringen kam sonst alljährlich das Mutesheer mit Saus und Braus und zog durch ein bestimmtes Haus, in welchem man deshalb immer Thüren und Fenster aufmachen mußte, sobald man es kommen hörte. Doch dachte einsmals der Hausherr: er wolle doch einmal aufbleiben und zusehen, was es mit dem Mutesheer auf sich habe und blieb deshalb, als es eben hindurchfuhr, in der Stube sitzen. Da rief aber eine Stimme: „Streich dem da die Spältle zu.“ Und alsbald deuchte es den Mann, als ob ihm Jemand mit dem Finger um die Augen herumfahre, worauf er plötzlich erblindete. Alle Mittel, die er anwendete, um wieder sehend zu werden, halfen nichts. Da gab ihm eines Tages Jemand den Rath, er solle doch das nächste mal, wenn das Mutesheer wieder durch sein Haus fahre, sich ins Zimmer setzen; schaden werde es auf keinen Fall. Diesem Rath folgte der Mann, als das Heer im folgenden Jahr wiederum hindurchzog, da rief eine Stimme: „Streich dem da auch die Spältle wieder auf!“,

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0128.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)