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Stuttgarter Kirchen und der Rottweiler Heiligkreuzkirche, Albrecht Georg, und zeigt mit der letztgenannten, sowie mit der Stiftskirche, große Ähnlichkeit. Die Kirche ist demnach als Hallenkirche gedacht, doch so, daß die Seitenschiffe die Höhe des Mittelschiffs nicht ganz erreichen sollten und ihrerseits durch Hereinziehung der nach außen nur noch als gleichschenklige rechtwinklichte Dreiecke hervortretenden Strebpfeiler je eine Kapellenreihe erhielten. Das Äußere des Langhauses erscheint durch den Mangel eines Hochschiffs (das in Rottweil, wo die Mittelgewölbe auf schlanken Diensten ruhen, wenn auch nur mit blinden Fenstern vorhanden ist), etwas gedrückt, wofür die zugespitzte Form des Dachs einen schlechten Ersatz bietet, indeß doch die Fenster durch schönes Maßwerk, 3 Seiten außerdem durch je ein hübsches Portal belebt sind. Um so erfreulicher wirkt durch ihre geniale Einfachheit, Kraft und die Feinheit der Formen die Chor- und Thurmseite: 3 Seiten des Achtecks bilden den Chorschluß und zugleich das untere Stockwerk des 8eckigen Thurms, durch stärkeres Ausladen, hohen Sockel, mächtige tiefeingeschrägte Fenster mit dazwischenliegenden schlanken Streben vor den folgenden Stockwerken in ihrer Selbständigkeit hervorgehoben. Es folgen noch vier solche, durch schöne Bogenfriesgesimse von einander getrennt, wobei die Fenster nach oben größer, unter dem Kranz hoch und licht mit durchbrochener Brüstung und Füllung (ohne Stabwerk) werden. Weniger günstig erscheinen freilich die Seiten- und die Rückansicht, wo der Thurm erst unter dem vorletzten Stockwerk ziemlich plump ins Achteck übergeht. Auf den Kranz folgte ein Wächterhaus mit Ziegeldach, welches Stockwerk aber 1541 durch Meister Stephan von Tübingen mit einem neuen aus Holz und Tufsteinen ersetzt ward und dann ein noch jetzt jene Jahreszahl tragendes kupfernes Dach erhielt. (Vertrag vom Montag nach Sebastian – 24. Jan. – beim Dekanat.) Wie lange man am Thurm und Chor gebaut hatte, ist nicht bekannt. 1510 (Inschrift am Südportal) wird dann Meister Franz die Südseite aufgeführt haben. Freitag vor Cantate (7. Mai) 1512 wurde er aufs Neue gedingt, den Bau der Kirche auszumachen, nemlich die nördliche Abseite, so wie die obere (südliche) mit allen Kapellen und ihren Altären; dazu das Mittelwerk mit 12 achteckigen Schäften und 2 halben am Giebel, die Schäfte unten mit Postamenten, oben die Bögen mit Hohlkehlen und Platten, beides in Werkstein, auch alle (Gewölb-) Anfänge nach der vorhandenen Visirung (Modell, ohne Zweifel

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0262.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)