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Erinnerung an die für uns Gefallenen, Philipp Kaufmann gef. 30. Nov. 1870 Coeully, Jakob Fuß gef. 30. Nov. Coeully, Gottlieb Sigmund Haux gef. 2. Dez. Champigny, Karl Friedr. Fritz gest. 4. Jan. 1871 Lagny. 2. Sam. 1, 19.

Ein schön in einfachen frühgothischen Formen profilirter Triumphbogen und mehrere Stufen führen ins Schiff hinab. Südlich steht die Kanzel, ein schönes, reich geschnitztes Werk von 1682. An den Emporenbrüstungen ein – neueres – Abendmahl und Apostelbilder; ferner ein hölzernes Epitaph des Stadtpfarrers Jo. Sachs 1708, und seiner Ehefrau geb. Kastner; endlich ein stattlicher (etwas weicher) lebensgroßer Luther, gemalt 1674 von G. Thom. Hopffer „fürstl. württ. Hofmaler“. Taufstein und Cruzifixus sind neu; der Altar zeigt ein altes, schön geschmiedetes Gitter. Jederseits vom Schiff sind 5 Arkaden mit derben Rundpfeilern, achteckigen Gesimsen und breiter Laibung der Bögen; von ursprünglicher Wölbung keine Spur, die große Breite des Schiffs würde sie schon nicht erlaubt haben. Offenbar haben wir es mit einer frühgothischen Säulenbasilika zu thun, ähnlich manchen Kirchen an dem nicht allzu weit abliegenden Bodensee, z. B. Constanz und Überlingen. Die Nebenschiffe sind in der Höhe ganz verbaut, auch die jetzige Mittelschiffdecke niedrig, die Spitze des Chorbogens nicht erreichend. Der Holzeinbau stammt von 1652 und zeigt hübsche, kräftig ausgehauene Zieraten. An der Südwand sind Spuren eines durch den Einbau, wie durch Tünche und Feuchtigkeit verdorbenen gothischen Kreuzigungsgemäldes, wovon eine Gruppe mit Maria und Johannes in Köpfen und Haltung geistreiche Zeichnung verräth. Auch die Westwand hat Freskenspuren.

Die Gesammtlänge der Kirche beträgt 124 Fuß, die Breite stark die Hälfte, die des Mittelschiffs 36. Um eine Arkade verlängert, mit einem Querschiff verstärkt und mit Holzgewölben bedeckt, ließe sie sich vielleicht zu einer der stattlichsten Kirchen ausbauen.

Im Thurm hängen 4 Glocken; eine kleine neue, 3 größere alte. Die größte trägt die Jahreszahl 1465 und die Namen der Evangelisten in Minuskeln; die mittlere die gleichen Namen in alten Majuskeln; die dritte wieder in Minuskeln, mit der Jahreszahl 1467.


    OA. Hechingen (vielleicht gerade einst die Burg Ringelstein) „Affenschmalz“.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 325. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0325.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)