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Nicht nur Feldbau und Viehzucht, sondern auch Gewerbe und Handel, besonders ins Ausland, bildeten für die Stadt die Quelle von Wohlhabenheit. Daß solche schon im 14. und 15. Jahrhundert vorhanden war, beweisen die Käufe, welche die Stadt zu dieser Zeit machte, so im J. 1386 von Bitz (S. 306) im J. 1453 von Ehestetten (S. 357). Im J. 1428 bewilligte K. Sigmund auf Bitte der Grafen Ludwig und Ulrich von Württemberg den Bürgern und der Gemeinde der Stadt, an dem Wasser Schmiecha eine Mühle mit einem oder zwei Rädern zu machen und zu bauen. Im J. 1584 setzte der reiche Ebinger Bürger Hans Koch, welcher den damals verwitweten Herzog Ludwig in Stuttgart zu sich eingeladen hatte, seine Tochter als Braut gekleidet mit einer Flittergoldkrone neben den Herzog und bot sie ihm mit 1000 fl. Heiratgut zur Gemahlin an, ein Scherz, den der Herzog gar nicht übel aufnahm (Sattler 358. Stälin 4, 799). Für das folgende Jahrhundert führt das Landbuch von 1623 hier an: zwei Mahlmühlen an der Schmiecha, eine in der Stadt, die andere in der Vorstadt, der Inhaber eigen, eine Sägmühle zu Ehestetten bei St. Stephan, der Stadt gehörig, eine Lohmühle ebendaselbst, der Inhaber eigen, eine Öl- und Walkmühle, neben den beiden letzten, der Stadt gehörig; und nennt der oben (S. 299) erwähnte Betz Ebingen ein reiches Städtlein. Ja die Geographie und Statistik Württembergs (Laybach 1787) sagt, es sei in allem Betracht eine der wichtigsten, reichsten und nahrhaftesten Landstädte des Herzogthums, so daß ihr nur Göppingen und, was Gewerbe betrifft, Calw vorzuziehen seien. Das Jahr 1790 ungefähr bezeichnete die Zeit der höchsten Blüthe des hiesigen Handels, indem bald darauf der Krieg Stockung brachte und ihm den Weg versperrte. Doch erlahmte die Kraft und Rührigkeit der Ebinger nicht und es wurden auch neue Quellen aufgespürt, so daß sich ums Jahr 1810 der Verkehr in ganz Ebingen jährlich zu 1 Million (?) angeschlagen findet, wobei 2/3 des Handels ins Ausland gingen.[1] 1

Namentlich die Zeug- und Tuchmacherei, sowie die Strumpfwirkerei waren es, welche seit dem 18. Jahrhundert die Stadt zur Blüthe erhoben. Jene kam ums J. 1740 in Aufschwung, als die aus Sachsen eingewanderten Gebrüder Schmidt in dem heute noch


  1. Ein gewisses Selbstgefühl, wie bei Reichsstädtern, in Folge des Besitzes und der vielfachen Privilegien war daher den Ebingern eigen und „Bitz ist unser“ ein Sprichwort, mit dem sie sich selbst verspotteten, wenn sie sich ihren alten Stolz vorwerfen wollten.
Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 346. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0346.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)