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In der Mitte des Orts steht das bescheidene, aus einer früheren Kapelle im 17. Jahrhundert hergestellte Kirchlein. Von jener stammt noch die Ostseite mit einem gothischen Fenster und dem Rest eines Sakramenthäuschens; für die Zeit der Vergrößerung spricht die an einem Thürpfosten angebrachte Jahreszahl 1668, sowie die Inschriften der beiden auf dem viereckigen mit Zeltdach versehenen Thurm der Westseite befindlichen Glocken, welche die eine (gegossen von Hans Conrad Flach in Schaffhausen) dem Jahre 1660, die andere dem Jahre 1688 zuweisen. Der alte Gottesacker umgibt die Kirche, unterhalb welcher zwei alte Lindenbäume malerisch an einem Quellbrunnen stehen; ein neuer Friedhof wurde außerhalb des Orts angelegt. Die Kirchenbaulast hat die Stiftung. Pfarrhaus ist, da Hossingen Filial von Meßstetten, keines vorhanden. Das anständige Schulhaus für eine Schulklasse und einen Lehrer wurde 1832 erbaut, das Rathhaus 1850 angekauft.

Der Gemeinde gehören ferner 2 Backhäuser samt Waschküche und ein Schafhaus.

Drei gute Vizinalstraßen verbinden den Ort mit Meßstetten, Thieringen und Ober-Digisheim.

Im Ort entspringt eine starke Quelle, die ihr Wasser durch den Lauterbach dem Neckar zusendet. Ein Theil wird durch eine hölzerne Teuchelleitung einem Ziehbrunnen zugeleitet, außer dem noch 4 Pumpbrunnen, 6 Schöpfbrunnen und eine Wette Wasser geben. In trockenen Jahren wird auch die starke, eine Viertelstunde südlich gelegene Burtelquelle zur Benützung beigezogen. Dort, am Fuße der „Burg“, auf den Wiesen „Weiherle“, war ehemals ein künstlicher See angelegt, dessen Spuren noch deutlich zu erkennen sind.

Die Einwohner, ein kräftiger Menschenschlag (3 über 80 Jahre alt), verdienen das Zeugnis des Fleißes, der Sparsamkeit, geordneten und kirchlichen Sinnes. Die älteren tragen noch zum Theil die alte Bauerntracht. Bei Hochzeiten wird gewöhnlich getanzt.

Die Vermögensverhältnisse sind günstig. Der vermöglichste Einwohner besitzt 50 Morgen, der Mittelmann 25, Ärmere zum Theil noch 3 Morgen; auch kommen jedem Bürger 2 Morgen Allmand zu gut, und es besitzen die meisten Güterinhaber noch Güter auf fremder Markung, etwa ein Viertel so viel als auf der eigenen.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Balingen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 406. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABalingen0406.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)