Seite:OABesigheim0122.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Giebelseite steht die Jahreszahl 1577; an einem Strebepfeiler der Sakristey anno 1486. Innen ist die Kirche verwüstet und leer; der mit einem halben Achteck schließende Chor hat ein Kreuzgewölbe, an dessen Schlußsteinen ein Vogel, ohne Zweifel den heil. Geist vorstellend, und das Lamm Gottes angebracht sind. Das Gewölbe ist bemalt, auch an den Wänden zeigen sich noch Spuren von guten Wandmalereien, unter denen das Württ. Wappen noch leicht sich erkennen läßt; dem letzteren gegenüber befindet sich eine mit schwarzer Farbe angeschriebene, unleserlich gewordene Inschrift mit der Jahreszahl 1558, welche vermuthlich die Zeit der Bemalung angibt. In der Kirche – noch mehr aber an der Außenseite derselben sind viele Grabdenkmale aus dem 17. und 18. Jahrhundert angebracht; von zwei älteren an der äußern nördlichen Wand eingemauerten ist eines einem Joh. Trutwin, † 1528, und dessen Ehefrau Agnes, geb. Schultheißen, † 1521 – das andere einem Herrn Harprecht, Caplan zu unserer l. Frauen, † 1519, gewidmet.

Um diese Kirche liegt der 1 Morgen 21/2 Viertel große – mit einer Mauer umfriedigte Begräbnißplatz, welcher einzelne schön gearbeitete Monumente enthält und im Jahr 1818 vergrößert wurde. Die Baulast der beiden Kirchen hat die Stiftungspflege, als Besitzerin des kleinen Zehenten, zu bestreiten: die Unterhaltung des Begräbnißplatzes aber liegt der Gemeindepflege ob.

3) Das Gebäude der lateinischen Schule, in dem sich auch die Realschule, die Mädchenschule und die Wohnungen der Lehrer befinden, steht unfern des Rathhauses auf der südlichen Stadtmauer; es ist alt und diente früher den Kaplanen zur Wohnung.

4) Neben der lateinischen Schule steht die Volksschule für Knaben, welche zugleich die Lehrerwohnung enthält.

5) Das an der Hauptstraße gelegene Rathhaus, ein sehr ansehnliches Gebäude, welches mit seinem hohen Giebel, auf dem ein Thürmchen mit Glocke sitzt, weit über die übrigen Gebäude hervorragt, wurde nach einer am Unterstock desselben angebrachten Jahreszahl 1608 erbaut; an der östlichen Seite desselben befindet sich ein Erker mit hohem Spitzdach und kunstreicher Uhr, an der westlichen steht ein Thürmchen mit ebenfalls spitzem und mit Schiefer gedecktem Zeltdache. (Ein älteres Rathhaus verkaufte die Stadt im Anfang des 16. Jahrhunderts, da sie das neue gebaut hatte, an Konrad Schenk von Winterstetten, der es abbrechen und nach Freudenthal führen ließ, wo er einen Edelsitz daraus baute.)

6) Die in neuester Zeit für die Gemeinde von dem Staat erworbene Kelter mit 4 Bäumen, welche hinter der Kirche steht, wurde 1762 erbaut.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Besigheim. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1853, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABesigheim0122.jpg&oldid=- (Version vom 6.2.2020)