Seite:OABesigheim0196.jpg

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rings um die Kirche lag, eingerissen sind. An dem Langhaus der Kirche, obschon dasselbe bedeutend verändert worden, haben sich noch die spitzbogigen Eingänge und zwei germanisch (gothisch) gefüllte Fenster erhalten. Der dreiseitig schließende Chor hat schmale, germanische Fenster mit schönen Fügungen und scheint aus dem 14. Jahrhundert zu stammen. Älter als die Kirche ist offenbar der an der Südseite stehende, viereckige massive Thurm, an den die Kirche sichtlich erst später angebaut wurde. Das untere Stockwerk desselben, welches gegenwärtig als Sakristey benützt wird, scheint bei der früheren Kirche als Chor gedient zu haben; es hat ein einfaches Kreuzgewölbe, dessen hervorstehende, scharf zulaufende Gurten von Fratzengesichtern ausgehen und an deren Kreuzung eine Rose als Schlußstein angebracht ist. Das oberste, ebenfalls massive Stockwerk des Thurms, auf dem ein einfaches Zeltdach sitzt, wurde erst später aufgebaut. Die 3 Glocken sind 1766, 1783 und 1830 gegossen worden. Das Innere ist geräumig, übrigens durch Emporkirchen und eine flache, getäfelte Decke verdüstert; an der östlichen Innenwand, durch die der spitzbogige Triumphbogen in das Chor führt, ist ein Vorbau angebracht, der mit schönen Netzgewölben geziert ist und auf zwei steinernen, im germanischen Geschmack gehaltenen Säulen ruht. Die beiden Säulen sind durch einen Rundbogen verbunden und auf den andern Seiten derselben schließen sich hochgesprengte Spitzbögen an, so daß man vermuthen könnte, die Kirche sei ursprünglich dreischiffig gewesen. Der im germanischen Styl gehaltene Taufstein ist achteckig; an 4 Seiten desselben sind Wappenschilde mit folgenden Zeichen ausgehauen, 1) eine Hape, 2) ein Abtsstab (das Ortswappen), 3) ein Kelch und 4) ein Steinmetzenzeichen. Das Chor hat ein schönes Netzgewölbe mit 3 Schlußsteinen: den heil. Veit, die Mutter Gottes mit dem Christuskinde und einen betenden Mann vorstellend; ein Wappenschild mit einer Rose dient als Gurtenconsole. An der Brüstung der im Chor aufgestellten, sehr mangelhaften Orgel, hängt ein hölzerner Flügelaltar, an dessen Flügelaußenseiten Jacobus und Johannes ziemlich gut gemalt sind; das Mittelfeld des aufgeschlagenen Altarschrankes enthält aus Holz geschnitten Maria mit dem Jesuskinde und neben ihr Magdalena in einem Buche lesend, oberhalb ist sehr schönes, im germanischen Geschmack gehaltenes Schnitzwerk angebracht; auf der Innenseite der linken Flügelthüre befindet sich Joseph in Holz geschnitten, auf der rechten ist die ursprünglich hölzerne Figur durch ein schlechtes Gemälde ersetzt. Der Altar ist gut gehalten, aber durch späteren Anstrich sehr entstellt. 1

Das ganz in der Nähe der Kirche frei und angenehm gelegene Pfarrhaus, seit 1835 verbessert, befindet sich in gutem baulichen Zustande; die Unterhaltung liegt der K. Hofdomainenkammer ob. Das

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Besigheim. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1853, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABesigheim0196.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)