Seite:OABesigheim0245.jpg

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ziemlich reinlich gehaltenen, gekandelten Straßen, werden bei starken Regengüssen, wegen der etwas abhängigen Lage des Orts, von Zeit zu Zeit ausgewaschen und gesäubert. Gutes Trinkwasser liefern hinreichend drei laufende Brunnen, deren Abflüsse und der Zufluß einer am westlichen Ende des Dorfs befindlichen Quelle einen kleinen Bach bilden, welcher durch eine felsige Schlucht, in der er einige Wasserfälle bildet, dem nahe vorbeifließenden Neckar zueilt.

Die im Jahr 1601 im einfachen, spät-germanischen Style erbaute Pfarrkirche,[1] welche besonders an der Südseite mehrere Veränderungen erleiden mußte, hat nichts Bemerkenswerthes; der Chor fehlt und wird von dem unteren Stockwerk des Thurmes vertreten. Von dem aus 4 Stockwerken bestehenden Thurme sind die 3 unteren viereckigen, massiv aus Steinen erbaut, das vierte aus Holz erbaute bildet ein Achteck, auf dem ein mit Blech gedecktes Bohlendach sitzt. Von den zwei Glocken ist eine 1819, die andere 1850 gegossen. Die Erhaltung der Kirche steht der Gemeinde und der Stiftungspflege gemeinschaftlich zu. Der am östlichen Ende des Orts gelegene, mit einer Mauer umfriedigte Begräbnißplatz wurde 1606 angelegt: früher wurden die Verstorbenen in Groß-Ingersheim beerdigt. Das 1608 erbaute, gut erhaltene Pfarrhaus liegt etwas tiefer als der größere Theil des Orts an der Ostseite desselben mit freier Aussicht in das Neckarthal und bildet mit seinem Ökonomiegebäude, Hof und Garten einen wohlgeschlossenen, anmuthigen Pfarrsitz, der seiner Lage nach in die Reihe der schönsten des Landes gestellt werden darf. Die Unterhaltung des Pfarrhauses hat der Staat zu besorgen.

Das Rathhaus, auch die Schule und die Wohnung des Lehrers enthaltend, ist alt und befindet sich gerade nicht in dem besten Zustande. An der Schule unterrichtet nur ein Lehrer. Die sehr geräumige Ortskelter steht zwischen der Kirche und der Schule. Ein Gemeindebackhaus besteht seit 12 Jahren.

Am südöstlichen Ende des Orts, auf einem felsigen Bergvorsprunge, steht an der Stelle der alten Burg ein Schloß des Freiherrn von Wöllwarth, welcher hier auch ein in mehreren Parzellen auf der Markung zerstreut liegendes Gut besitzt. Das weißgetünchte, weithin sichtbare Schloß schließt einen kleinen Hofraum ein und ist nebst einem


  1. Die frühere Kirche, welche vermuthlich nur eine Kapelle war, „so hinter dem Flecken auf dem Rain gestanden“, wurde am 10. Juni 1601 von der ganzen Bürgerschaft abgebrochen, wofür ihr „gegen Abend neben einem Trunke, so ihnen aus des Heiligen Keller gegeben, zu Ergötzlichkeit um Brod bezahlt worden 54 kr.“ Der Bau der neuen Kirche kostete 1530 fl. 55 kr.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Besigheim. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1853, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABesigheim0245.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)