Seite:OABrackenheim0087.jpg

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Zur Vervollständigung dieses Abschnitts über die Sanitätsverhältnisse und das betreffende Personal im Bezirke sei hier noch erwähnt, daß der Behandlung kranker Thiere sich 9 Thierärzte im Bezirke widmen, welche ihren Sitz hauptsächlich in den Städten und größeren Landgemeinden haben.

Was die Sitten und Gebräuche der Einwohner betrifft, so gehört, wie schon oben berührt wurde, die Bevölkerung mit Ausnahme der Waldenser in Nordhausen und einiger anderer Eingewanderten, wie den wenigen, hauptsächlich in Massenbach, Hausen b. M. und Zaberfeld wohnenden Israeliten, dem niederschwäbischen Volksstamm an und theilt mit diesem seine Eigenthümlichkeiten, Mundart und Tracht. Im Westen und Norden des Bezirks machen sich dagegen wegen der Lage an der badischen Grenze und dem häufigen Verkehr mit den Grenznachbarn einige Anklänge an den pfälzischen Charakter geltend, auch bei den Stockheimern findet man pfälzische Färbung. Die Leute sind in diesem Theil des Bezirks etwas gewandter im Umgang wie in der Sprache. Die Nordhauser können den Charakter und die körperliche Beschaffenheit ihrer aus Piemont eingewanderten Voreltern nicht verläugnen; ihr Körperbau ist meist von mittlerer Größe, vorherrschend schlank, – ovale, etwas magere, bräunliche Gesichter, die Haare und Augen schwarz.

Der Volkscharakter der Bezirksbewohner ist im allgemeinen gutartig und spricht sich hauptsächlich durch Rechtlichkeit, großen, öfters übergroßen Fleiß, Sparsamkeit und religiösen Sinn aus, obgleich nicht zu läugnen ist, daß der Luxus und die Genußsucht der Neuzeit auch in unserem Bezirk, namentlich bei der jüngeren Generation, Eingang gefunden haben. Was den religiösen Sinn der Bezirksbewohner betrifft, so geht dieser häufig in Pietismus und Sektirerei über, wie denn auch die Methodisten sich in neuerer Zeit immer mehr ausbreiten und namentlich in Güglingen, Haberschlacht, Massenbach, Neipperg und Schwaigern Eingang gefunden haben. Die Bewohner von Klingenberg arbeiten häufig in den Fabriken des nahe gelegenen Heilbronn und haben deßhalb manches städtische angenommen. Bei den Waldensern in Nordhausen trifft man immer noch Eigenthümlichkeiten in Sitten und Gebräuchen, welche ihre Voreltern mitbrachten; im allgemeinen sind sie aufgeweckt, betriebsam, häuslich, gewandt und religiösen Sinnes. Auswärtigen gegenüber halten sie zusammen und ihre Rechte, wie ihr Herkommen pflegen sie mit Eifer zu bewahren. Ihr Dorf ist regelmäßig angelegt und sauber gehalten, wie denn auch ihre Wohnhäuser meist ein freundliches Aussehen haben.

Die Lebensweise der Bezirksbewohner ist eine ziemlich einfache. Die Nahrung der minder bemittelten Klasse besteht hauptsächlich in Kartoffeln, Kraut und Mehlspeisen. Vermöglichere genießen ziemlich viel Fleisch, hauptsächlich Schweinefleisch, das häufig geräuchert

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Brackenheim. H. Lindemann, Stuttgart 1873, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABrackenheim0087.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)