Seite:OABrackenheim0438.jpg

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Außer dem Kloster zum h. Grab in Speier hatte in älterer Zeit noch das Kloster Frauenzimmern-Kirchbach hier einigen Besitz: den 6. Dec. 1443 vertauschte es 15 M. Wiesen hier an den Grafen Ludwig von Württemberg (Mone 4, 205), und im J. 1454 hatte es einen zehentfreien, die Markung von Stockheim und Frauenzimmern berührenden Widdumacker (S.-A.).


Weiler,


Gemeinde III. Kl. mit 339 Einw. – Ev. Pfarrdorf. 21/4 Stunden südwestlich von der Oberamtsstadt gelegen.

Der nicht große, aber hübsche freundliche Ort liegt im oberen Zaberthal und ist theils in die Thalebene, theils an einen leicht gegen Norden sich neigenden Thalabhang (Ausläufer des nahen Strombergs) etwas gedrängt hingebaut. Durch den Ort führt der Länge nach die gut unterhaltene breite Landstraße von Güglingen nach Leonbronn und weiter nach Maulbronn, auch die übrigen Ortsstraßen sind reinlich gehalten, gekandelt und in gutem Zustande. Der Ort war früher ummauert, mit Thoren versehen und soll ein Marktflecken gewesen sein.

Die Kirche hat eine günstige Lage auf der höchsten Stelle des Dorfs in dem einst festen, noch ummauerten Friedhof; an ihrem breiten, laut Inschrift im J. 1751 erneuerten Schiffe steht gegen Osten ein schöner frühgothischer Thurm, von dem aus man wieder eine äußerst liebliche Aussicht genießt und der seinem Baustile nach, wie der Pfaffenhofer und Zaberfelder Thurm, von der Bauhütte des Klosters Maulbronn ausgeführt wurde. Derselbe hat im ersten, den Chor vertretenden Geschoß ein starkes auf schlanken geschwungenen Konsolen ruhendes Rippenkreuzgewölbe von halbachteckiger Leibung und mit einem Schlußsteine, worauf sehr zierlich ein aus vier gezackten natürlichen Blättern zusammengesetztes Vierblatt ausgemeißelt ist. Die spitzbogigen Schallfenster des mit einem achtseitigen Zeltdache bedeckten Thurmes sind noch sehr schmal und auf dem Kirchenboden sieht man in der hier anstoßendenden Thurmwand eine schöne Rosette im Übergangsstil und von Diamanten umfaßt. Das Schiff enthält ein merkwürdiges frühgothisches Krucifix von jugendlicher Auffassung, mit spärlichem, stark stilisirtem Bart; es erinnert an das in der Kirche zu Pfaffenhofen und deutet gewiß wieder auf Maulbronner Einfluß. Der Taufstein ist einfach spätgothisch, der Triumphbogen niedrig und spitz. Die flach gewölbte Decke zeigt gestaltenreiche Gemälde in Rococoart, und mit der Inschrift: Die Kirche zu Weiler ward gemalt durch Johannes Stigler aus Prag. 1767. Das Hauptbild stellt das heil. Abendmahl vor.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Brackenheim. H. Lindemann, Stuttgart 1873, Seite 438. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABrackenheim0438.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)