Seite:OAEßlingen 127.png

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(namentlich des Pfalzgrafen Heinrich von Tübingen, der 1275 starb und im Kreuzgang begraben wurde) bald in gute Umstände und hatte ansehnliche Gebäude, in welchen selbst Kaiser und deutsche Könige ihr Quartier nahmen, wie Karl IV. 1360, Karl V. 1541. Ein Minorit Berthold von Eßlingen war Beichtvater Herzog Ludwigs II. von Baiern, † 1294 (Lang Jahrb. S. 147, 274). Im Jahr 1487 wurde durch den Ordens-Provinzial eine Reformation vorgenommen, deren Wirkungen aber nicht von Dauer waren. Die Gebäude wurden auch nach Aufhebung des Klosters lange in gutem Stand erhalten, und dienten zuerst zur Aufnahme der Ordensgeistlichen aus den aufgehobenen übrigen Klöstern (deren letzter 1560 starb), dann zu Rathssitzungen und zur Beherbergung vornehmer Fremden, 1566 und 1571 aber, während der Pest in Tübingen, zur Aufnahme eines großen Theils der Universität. Seit 1668 brach man sie nach und nach ab, so daß zuletzt nur noch ein Flügel stand, in welchem sich die Hauptwache und eine deutsche Knabenschule befanden. 1811 wurde dieser Flügel auf Staatskosten neu aufgebaut und das Schullehrerseminar in denselben verlegt, welches bis 1844 darin blieb, wo der Raum wieder für einige Schulklassen eingerichtet wurde.[1] Über die ehemalige Klosterkirche s. oben.

Das Prediger- oder Dominikaner-Kloster. Anfangs, und zwar schon 1219, war ein Kloster des Predigerordens in der Mettinger Vorstadt; 1233 aber wurde es in die Stadt selbst (an die Stadtmauer nordwestlich von der Dionysiuskirche) verlegt, wo es bald in Aufnahme kam, und von König Rudolph begünstigt, 1291 sich ansehnlich erweiterte. 1300 erhielten die Predigermönche von dem Bischof Heinrich von Constanz die von dessen Nachfolgern bestätigte Erlaubniß, zu predigen, Beichte zu hören und die Sacramente zu spenden. Eine Reformation erfolgte 1476. Nach der Säcularisirung wurden die Räume des Klosters anfänglich als Zeughaus, dann als Findelhaus, in der Folge um 1680 als Waisenhaus, benutzt, auch ein Zucht- und Arbeitshaus dahin verlegt. 1810 kamen die deutschen Schulen in dieselben. Ein geräumiger Hof östlich an dem Kloster war der Schwörhof, in welchem alljährlich der Bürgereid abgelegt wurde. Jetzt ist das Kloster abgebrochen und an dessen Stelle das schöne Schullehrer-Seminargebäude errichtet worden. Über die dazu gehörige St. Paulskirche s. oben.


  1. Nach einem 1841 mit dem Stadt- und Stiftungsrath abgeschlossenen Vertrag wurde das Gebäude nebst dem dazu gehörigen Turnplatz und Garten an die Stiftungspflege für 12.000 fl. und gegen Abtretung des Bauplatzes und Gartenraumes für das neue Seminar, überlassen.
Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Eßlingen. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAE%C3%9Flingen_127.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)