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Spitalordnung ist aus dem 15. Jahrhundert. Mit der Reformation hörte die geistliche Oberherrschaft des Bischofs von Constanz über den Spital auf, er bekam durch Einziehung der Klöster einen Zuwachs von Gütern und Einkünften, mußte aber zugleich auch neue Leistungen übernehmen. Sein Oberherr war jetzt der Rath, der zweite Bürgermeister als Spitalvogt und ein Geheimer als Spitalpfleger führten die Aufsicht über ihn, Oberbeamte waren der Spitalmeister und Spitalverwalter, außer ihnen waren ein Gegenschreiber, Hausmeister, Küchenmeister, Kasten- und Futtermeister, Kellermeister, Stadt- und Landzinser, viele Diener und anderes Gesinde da; auch hatte der Spital seinen eigenen Marstall. In den Spitalorten waren Schultheißen, eine Zeitlang auch ein Amtmann, auf den Höfen Hofmeister. Diese zahlreiche Dienerschaft aber, die unaufhörlichen Anforderungen der Stadt an ihn, die übertriebene Meinung, die man von seinen unerschöpflichen Hülfsquellen hegte, die verschwenderische Haushaltung, gewissenlose und untreue Beamte, Kriege und andere Unglücksfälle zerrütteten nach und nach seinen Wohlstand ganz, obwohl man von Zeit zu Zeit seinen Zustand untersuchen ließ, Verbesserungen einführte und eine Menge Verordnungen seinetwegen erließ. Schon 1627 hatte er 103.456 fl. Schulden, 1704 mußte er eine Forderung von 93.372 fl., 1711 von 20.205 fl. an die Stadtkasse schwinden lassen und 1728 hatte er an sie 509.861 fl. zu fordern, seine Ausgaben übertrafen die Einnahmen damals jährlich um 5900 fl., seine Schulden waren auf 180.015 fl. gestiegen. Später erholte er sich zwar wieder etwas, allein der französische Revolutionskrieg verschlimmerte seinen Zustand von Neuem und 1802 hatte er wieder 128.000 fl. Schulden. In Folge der Besitzergreifung von Eßlingen durch Württemberg sollte der Spital als ein ursprünglich geistliches Stift nach §. 35 des R.-D.-Schlusses incamerirt werden. Man stand jedoch hievon ab, entzog aber demselben nicht nur seine Hoheitsgefälle, sondern auch einen ansehnlichen Theil seines Grundeigenthums und seiner gutsherrlichen Revenüen, zusammen im jährlichen Betrage von 10.377 fl. Zugleich wurden von der städtischen Schuldenmasse 100.000 fl. auf den Hospital überwälzt. So sah sich dieser zur Erfüllung seiner fundationsmäßigen Bestimmung außer Stand gesetzt, und erlitt in der Folge ein jährliches Deficit von c. 9000 fl. Den 12. Juni 1823 kam endlich zwischen der Staatsfinanz-Verwaltung und dem Hospital ein Entschädigungs-Vergleich zu Stande, wonach für die entzogenen Realitäten und Domanialgefälle ein Waldareal von 500 M. (im Rev. Plochingen) von c. 1000 fl. jährl. Ertrag, und eine Grundrente von 4500 fl. in Zehenten, Gülten und Küchengefällen (in Berkheim, Deizisau, Möhringen, Ruith und Vaihingen) vom Staatsgut dem Hospital

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Eßlingen. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAE%C3%9Flingen_153.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)