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gelang es dem Rath, sie als Revolutionäre und Anhänger der Franzosen zu verdächtigen, und nun nahm der Proceß eine für die Bürgerschaft schlimme Wendung, die Syndikatsdeputirten wurden abgesetzt und zur Verantwortung gezogen, der Proceß beim Reichshofrath jedoch nahm erst mit der Reichsunmittelbarkeit der Stadt ein Ende. Sie wurde durch den Lüneviller Frieden als Entschädigung dem Hause Württemberg zugetheilt und im November 1802 von diesem in Besitz genommen.[1] Eßlingen erhielt nun eine Municipalverfassung (21. Julius 1803) und wurde der Sitz eines zur neuwürttembergischen Landvogtei Ellwangen gehörigen Oberamts, zu dem außer der Stadt und den Weilern auch Möhringen, Vaihingen und Deizisau gehörten. Bei der neuen Eintheilung des Landes 1806 kam das Oberamt Eßlingen zum Kreis Stuttgart, 1810 zur Landvogtei Rothenberg, 1817 zum Neckarkreis. 1

Bedeutende ansteckende Krankheiten herrschten zu Eßlingen 1349 der schwarze Tod, 1502, 1529 der englische Schweiß, 1541, 1634 und 1635, wo 9000 Menschen starben, 1709, 1724 die Kindsblattern. Die bedeutendsten Feuersbrünste waren den 25. Oktobr. 1701, wo innerhalb 36 Stunden 200 Gebäude, darunter das Rathhaus und sechs Zunfthäuser abbrannten, und den 30. Novbr. 1742, wo 17 Gebäude abbrannten. Große Theurung herrschte 1372, 1413, 1485, 1517, 1530, 1662, 1770 bis 1771, 1816 bis 1817. Verheerende Überschwemmungen gab es 15. Junius 1529, 13. Jan. und 21. Juni 1560, 6. und 7. Jan. 1651, 6. Aug. 1661, im Mai 1686 und 1698,


  1. Im Umfang des Eßlingenschen Territoriums lebten bei dem Anfall an Württemberg 10.704 Menschen, und zwar in der Stadt 5207, in den Filialien 1958, im Hospitalischen Gebiet (Möhringen, Vaihingen auf den Fildern, und Deizisau mit Sirnau) 3539. Die Plochinger Unterthanen des Hospitals sind hier nicht gezählt, weil Württemberg daselbst die hohe Obrigkeit hatte. – Die Organisationskommission, welche 1803 das Eigenthum und Einkommen, welches der Stadt verbleiben sollte, von demjenigen ausschied, das für die Herrschaft in Anspruch genommen wurde, verfuhr hiebei nach Grundsätzen, gegen welche die Stadt vergeblich protestirte. Es waren 285.079 fl. Schulden vorhanden, von welchen der Staat nur 30.000 fl. übernahm, dagegen eignete sich dieser von 40.000 fl. städtischen Revenüen beinahe zwei Drittheile zu. Nicht minder übel kam der Spital weg, der 10.377 fl. seiner Einkünfte an den Staat abtreten, und 100.000 fl. Schulden von der Stadt übernehmen mußte. S. oben. Im Jahr 1823 wurde endlich von den städtischen Schulden 104.000 fl. und zwar von der Stadt selbst 90.000 fl. (von Deizisau, Möhringen und Vaihingen 14.000 fl.) vom 1. Juli 1820 an verzinslich auf den Gesammtstaat übernommen. – Noch mag hier die Bemerkung ihren Platz finden, daß die Stadt den letzten schwäbischen Kreistag, der gehalten wurde, 1804 in ihren Mauern sah.
Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Eßlingen. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAE%C3%9Flingen_159.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)