Seite:OAEßlingen 224.png

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Gemeinde auf Correction und Uferbauten bedeutende Kosten verwendet worden sind und fortwährend verwendet werden. S. oben S. 11. In den Jahren 1815-26 hatte allein diese Gemeinde 6375 fl. 19 kr. Wasserbaukosten zu tragen. Eine hölzerne, von der Gemeinde zu unterhaltende Brücke verbindet das diesseitige mit dem linken Neckarufer; da die Straße von Plochingen nach Kirchheim über dieselbe führt, so erhebt die Gemeinde einen Brückenzoll. Über den Steinbach sind im Orte selbst eine größere, und zwei kleinere steinerne Brückchen geschlagen. Das Aussehen des Orts, dem es nicht an besser gebauten, soliden Häusern fehlt, wird immer gefälliger. Zu bedauern ist nur der Mangel an hinreichend guten Brunnen.

Die Pfarrkirche zum h. Erasmus steht erhaben und frei; sie hat eine gute, neue Orgel und eine Reihe von Monumenten der Wernau’schen Familie, sonst aber nichts Ausgezeichnetes, auch ist sie für ihren Zweck nicht geräumig genug. In ihrer jetzigen Gestalt gehört sie dem 17. Jahrhundert an. An sich aber ist sie sehr alt, und der angebaute Kuppelthurm trägt, bis auf den Aufsatz, die Merkmale des vorgothischen Styls. Die Baulast ruht, unter subsidiärer Verbindlichkeit der Gemeinde, auf dem Kirchenfond, der gegen 3500 fl. Cap. und 20 M. Äcker und Wiesen besitzt. Die Pfarrei, deren Patronat landesherrlich ist, gehörte zum Landcapitel Neuhausen, ist aber nun seit 1818 dem katholischen Decanat Stuttgart untergeordnet. Im J. 1321 schenkte Niclas Münch von Schwabach die Kirche dem Stift Stuttgart, dem sie 1366 incorporirt wurde (Cleß Cult. Gesch. III. 267). Ein Frühmeßbeneficium wurde 1414 von Jacob Münch, Edelknecht in Stuttgart (Urk. in der Pfarr-Registr.) gestiftet, das 1804 gegen die Obliegenheit, einen ständigen Vicar zu halten, der Pfarrei incorporirt wurde. Statt dessen wurde aber 1816 der Pfarrei die jährliche Entrichtung von 260 fl. zur neu dotirten kathol. Pfarrei Eßlingen auferlegt. – Der Begräbnißplatz umgiebt die Kirche. – Das niedliche, in einem Garten sehr angenehm gelegene Pfarrhaus ist 1831–32 auf Staatskosten neu erbaut worben. – Die Schule hat einen Lehrer. Eine weibliche Industrieschule besteht mit Unterstützung der Centralleitung des Wohlthätigkeits-Vereins seit 1828.

Auf derselben Anhöhe mit der Pfarrkirche stand das von Hans Veit v. Wernau in den Jahren 1582–90 erbaute Schloß, ein ansehnliches, massives Gebäude, das ein regelmäßiges Viereck mit zwei runden Thürmen bildete. Im J. 1820 wurde es von der Gemeinde dem Staat um 4360 fl. abgekauft, und 1823 zum Leidweisen aller Freunde der malerischen Ansicht dieser Gegend, bis auf den halben Theil eines der vier Flügel abgebrochen, in welchem nun Rathszimmer, Schullokal und Lehrerwohnung eingerichtet sind.

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Eßlingen. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAE%C3%9Flingen_224.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)