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7000 fl. überwiesen worden ist, wofür sie die Armen- und Schulbedürfnisse allein zu bestreiten hat. Den Kirchensatz besaß schon 1157 St. Blasien im Schwarzwald. (Dümgé Regesta p. 48. Cleß III. 46.) [1] Die St. Blasische Probstei Nellingen übte das Nominationsrecht bis 1649. S. oben Nellingen. Durch den dort genannten Vergleich fielen Pfarrsatz, Zehentrechte u. s. w. an Württemberg, in Folge dessen der Pfarrer bis auf die neueren Zeiten seine Besoldung von der Beamtung in Nellingen bezog. – Ein Hermann, Decan von Plochingen erscheint mit Conrad v. Plochingen den 18. Oct. 1304 als Zeuge (Gab.).

Die St. Ottilien Kapelle, ein kleines Kirchlein mitten im Ort, ist älter als die Pfarrkirche und kommt schon 1431 in einer Arch. Urkunde vor (vrgl. Binder, Kirchen- und L.-Ä. S. 818). Sie ist von gothischer Bauart, erlitt aber Verunstaltungen und ist feucht, finster und in schlechtem baulichem Zustande. Ihre Fensterstellung war wohl von jeher unsymmetrisch. Das gothische Thürmchen hat an den Dachkanten hinauf Drachenköpfe. Unter der Kalktünche des Innern sieht man noch die Spuren alter Bemalung. Auch die unten anzuführende Inschrift ist übertüncht. Es werden noch einzelne Wochengottesdienste hier gehalten. Die Unterhaltungskosten tragen die Stiftungspflege und die Communkasse gemeinschaftlich.

Das schon 1611 erbaute, dem Staat zugehörige und von ihm zu unterhaltende Pfarrhaus liegt auf der Höhe neben der Kirche und hat eine ausgezeichnet schöne Aussicht ins Neckar- und Filsthal und gegen die Alp. Die Schule hat vier Lehrer und befindet sich in dem 1823 neu erbauten, von der Stiftungspflege zu unterhaltenden Gebäude neben der Ottilienkapelle. Auch besteht eine Industrieschule. Das Rathhaus ist ein altes, sehr unscheinbares Gebäude unten im Ort; seine Merkwürdigkeit ist aber eine Gedächtnißtafel mit dem Wappen des Wohlthäters der hiesigen Gemeinde, des Patriarchen von Aquileja (s. unten). Noch ist unter den öffentlichen Gebäuden das Gemeindeback- und Waschhaus zu erwähnen, das stark benutzt wird, da die Privatbacköfen abgeschafft sind.

Die Einwohner sind sehr fleißig, eingezogen, religiös und in


  1. Man war früher mit Unrecht im Zweifel, ob nicht die Bestätigungs-Urkunden dieses Kirchensatzes durch Papst Calixt III. vom Jahr 1173 und Alexander III. vom Jahr 1178 auf Blochingen O.A. Saulgau zu beziehen seyen. Außer dem Patron der hiesigen Kirche spricht für unser Plochingen auch der Umstand, daß noch nach dem Landbuch von 1624 St. Blasien hier 3 Keltern besaß. Am 26. März 1265 verglich sich St. Blasien mit dem Kl. Blaubeuren wegen des Weingartens auf dem Berg „Wolpotinhalde“ bei Plochingen, wovon Blaubeuren der Probstei Nellingen jährlich 3 Schill. zahlen sollte (A. U.) und 1332 und 1366 kaufte es Weingärten bei Plochingen. (Gab.)
Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Eßlingen. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAE%C3%9Flingen_229.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)