Seite:OAHerrenberg 115.png

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Schloß zu nennen, welches auf dem Schloßberg stand und nach den noch vorhandenen, wenigen Überresten, von bedeutendem Umfange und Ansehen gewesen sein muß[1]. Es hatte zwei Thürme (der eine am östlichen Ende, der andere an der nordwestlichen Ecke), und einige hohe Gebäude, welche nebst den Ringmauern einen Hofraum einschlossen. Von den Schloßgebäuden sind gegenwärtig nur noch die äußersten Ringmauern vorhanden[2]. Ein etwa 60 Fuß tiefer, rund ausgemauerter Brunnen ist zugedeckt worden. Im Osten des Schlosses zieht quer über den schmalen Bergrücken ein beträchtlicher Graben, welcher dasselbe auf der von Natur allein leicht zugänglichen Seite befestigte, und in dem Rücken des Grabens steht ein ziemlich hoher, größtentheils künstlich aufgeworfener Hügel, auf dem im Jahr 1841 zur Feier des 25jährigen Regierungs-Jubiläums Sr. Majestät des Königs Wilhelm einige Eichen und Linden gepflanzt wurden; eine weithin sichtbare Eiche, welche früher daselbst stand, wurde im Jahr 1852 durch den Sturm niedergerissen. Auf dieser Stelle stand ebenfalls eine Burg, im Gegensatz zur vorderen[3] Burg die hintere genannt, von der man schon Grundmauern etc. ausgegraben haben will. Die Aussicht von diesem Punkt ist wohl die schönste und ausgebreitetste in dem ganzen Oberamtsbezirk; das Auge überblickt hier in seiner ganzen Ausdehnung das Gäu mit seinen lachenden, stattlichen Ortschaften und fruchtbaren Gefilden, zwischen denen sich durch üppige Wiesengründe die stille Ammer und ihre Seitenzuflüsse hinschlängeln und gemeinsam dem Neckar zufließen. Wendet man den Blick gegen Südosten, so erscheint die mannigfaltig gruppirte, mit Obstbäumen und Reben reichlich bepflanzte Schönbuchsterrasse, an deren Fuß sich die Ortschaften Kayh, Entringen, Poltringen, Unter-Jesingen etc. lagern, während die Vorsprünge derselben mit den Schlössern Hohen-Entringen, Roseck und mit der Kirche und einem Theil des Orts Mönchberg geziert sind. Gegen Süden übersieht man die Gegend um Rottenburg mit dem spitzen Bergkegel, der die Wurmlinger Kapelle trägt und mit dem weitgedehnten Rammertwald, in dessen


  1. Stadt und Amt waren verbunden, auf diesem herzoglichen Schlosse den Bläser und drei Wächter „zu verhalten“ und zu der Tag- und Nachtwache Beholzung auf ihre Kosten zu geben (Landbuch von 1623.)
  2. Zu Lebzeiten des Hofgerichts-Assessor Heß († 1761) standen noch 2 Thürme und ein Wohngebäude, welche im Jahr 1807 größtentheils abgebrochen wurden.
  3. „Die vordere Burg“ in Urk. v. 6. Dez. 1379 bei Schmid Urk. 188. An Württemberg werden am 10. Febr. 1382 verkauft „beide Bürge zi Herrenberg.“ Eb. 193.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_115.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)