Seite:OAHerrenberg 138.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

König Ferdinand III. befahl am 23. Jan. 1637 kraft Vollmacht des oben genannten Kaisers seines Vaters die nicht zur Probstei gehörigen Canonicate, Beneficien und Fundationen den Jesuiten behufs der Errichtung eines Seminariums zu übergeben. Der westphälische Frieden jedoch, in welchem die ecclesia collegiata Herrenberg namentlich aufgeführt ist, brachte das Stift wieder in den Besitz Württembergs. (Die hiesige Stiftsverwaltung wurde im Jahr 1807 mit der Kellerei in ein Kameralamt der K. Oberfinanzkammer combinirt, in dessen Besitz 1814 die K. Hofdomänenkammer nachfolgte.)

Auch ein Beguinenhaus bestand hier, genannt die Graue Sammlung, oder das Nonnenhaus. Am 6. August 1517 erlaubte Pabst Leo X. den hiesigen, von Händearbeit und Almosen gemeinsam lebenden Schwestern, welche ihr Aufnahms-Gelübde in die Hände des Rectors der hiesigen Pfarrkirche ablegten, den Orden der Franciskanerinnen dritter Regel anzunehmen; zugleich befahl dieser Pabst dem Franciskaner-Provinzial der Provinz Straßburg, sie in seinen Schutz zu nehmen und ihnen für einen nützlichen Beichtvater zu sorgen. Den 20. August 1526 bekannten Mutter und Schwestern der Sammlung zu Herrenberg, daß sie von ihrem neu erbauten Viehhaus Steuer, Schatzung, Hilfsgeld, Wachen, Frohnen, Reise und andere Beschwerden leisten müssen und ohne Erlaubniß der Stadtvorsteher kein liegendes Gut kaufen dürfen (St.-A.). Noch im Jahr 1565 waren hier 4 Beguinen, über welche der Decan in Herrenberg klagt, daß sie trotz aller Ermahnung das Abendmahl nicht auf lutherische Weise empfangen wollten. Am 17. Juni 1568 baten Burgermeister, Gericht und Rath den Herzog Christoph, er möchte das Beguinenhaus nebst Gütern (einem Gärtlein, 4 Jauchert Äcker, 5 Mannsmad Wiesen) ihrem Spital schenken, unter der Bedingung, daß dieser die vier Beguinen lebenslang unterhalte. Hierauf erfolgte am 22. Juni die herzogliche Resolution: der Spital solle die Güter (das Gärtlein und eine Mannsmad Wiesen als zu andern Zwecken bestimmt ausgenommen) erhalten, das Haus aber solle, da das Schulhaus „unbequem und ungelegen“ sei, zur lateinischen Schule eingerichtet werden; dafür müsse er den Beguinen ein besonderes Gemach einräumen und sie in gesunden und kranken Tagen verpflegen. Der Rath wollte zwar hierein nicht willigen, ließ es sich aber endlich doch, da indeß eine Beguine gestorben war, gefallen. Nun aber weigerten sich die drei noch lebenden Beguinen, ins Spital zu ziehen, sie wollten mit einem Leibgeding nach Oberndorf auswandern, und, als man dies

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_138.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)