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unzugänglich gemacht. Über den Graben führte eine Zugbrücke, die später einem festen Übergang weichen mußte.

Das Schloß selbst ist ein großes, in einem einfachen Styl gehaltenes, massives Gebäude, an dessen südlicher Seite ein halbrundes Thürmchen steht, welches die zu dem oberen Stockwerke des Schlosses führende Wendeltreppe enthält. In ihm bestund eine Kapelle, für welche Johann von Gültlingen und Rudolf von Ehingen im Jahr 1424 vier Malter Roggengülte in Gültstein erkauften.

An der südöstlichen Ecke des ehemaligen Burgraumes befindet sich ein 84 Fuß tiefer mit Quadern rund ausgemauerter Ziehbrunnen; von demselben führt in einer Tiefe von 20 Fuß ein gewölbter Gang in der Richtung gegen das Schloß, der auf mehrere Schritte noch zugänglich – weiterhin aber verschüttet ist[1]. Ohne Zweifel lief der Gang ursprünglich bis zu dem Schloß und war, um im Fall der Belagerung ungestört Wasser holen zu können, von den früheren Besitzern der Burg angelegt worden. Ein laufender Rohrbrunnen, der vortreffliches Wasser liefert und zum Tränken des Viehs benützt wird, befindet sich am Anfange eines Thälchens, etwa 100 Schritte südöstlich vom Schloß.

Die Aussicht von dem Schloß ist eine äußerst freundliche und ausgedehnte; das Auge übersieht hier nicht nur einen Theil der Schönbuchsterrasse mit ihren wohlgerundeten, mit Obstbäumen und Reben bepflanzten Vorhügeln, sondern auch das weitgedehnte, fruchtreiche Gäu mit seinen stattlichen Ortschaften, während im Hintergrunde ein blauer Streifen des Schwarzwaldes das Panorama schließt. Ersteigt man die obersten Räume des Schlosses, so erblickt man einen großen Theil der Alp, welche auch an einigen Stellen der im Rücken des Schlosses gelegenen Felder, von dem Plettenberg bis zur Teck sichtbar wird.

Das zusammenhängende, wohl arrondirte Gut wird von einem Pächter in acht Rotationen bewirthschaftet; der Boden desselben besteht auf der Ebene, wo die meisten Felder liegen, aus einem Gemenge von Lehm und Sand (Verwitterung des Stubensandsteins), dem ein die Feuchtigkeit haltender Letten als Unterlage dient. An dem Abhange lagert Keupermergel, dessen Verwitterung einen etwas hitzigen Boden liefert, der theils als Schafweide – theils zum Anbau der Luzerne benützt wird und sich wegen seiner Tiefgründigkeit für den Obstbau sehr gut eignet.

Außer den gewöhnlichen Cerealien, von denen der Roggen


  1. Nach den Untersuchungen des Revierförsters Knecht zu Böblingen.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_177.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)