Seite:OAHerrenberg 293.png

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Bild des Gekreuzigten nichts Bemerkenswerthes. Das untere Stockwerk des Thurms hat ein Kreuzgewölbe mit dem Christuskopf auf dem Schlußsteine, und trägt noch einzelne Spuren romanischer Bauweise, welche bekunden, daß der Thurm weit älter ist, als das gegenwärtige Langhaus. Die Baulast der Kirche hat zu 2/3 die örtliche Stiftungspflege und zu 1/3 der Heilige in Nebringen zu bestreiten. Der ummauerte, ziemlich große Begräbnißplatz liegt außerhalb (östlich) des Orts.

Zunächst der Kirche steht das ansehnliche, von der k. Hofdomänenkammer zu erhaltende Pfarrhaus, welches 1614 von Heinrich Schickardt erbaut wurde. Das zugleich die Lehrerwohnung enthaltende Schulhaus wurde in den letzten zwanzig Jahren namhaft verändert und verbessert; an der Volksschule ist ein Schulmeister mit einem Lehrgehülfen angestellt, auch besteht seit 1850 eine Industrieschule mit gutem Erfolg unter Mitwirkung der Gattin des dermaligen Pfarrers Dürr. Das Rathhaus ist alt, unansehnlich und einer Reparatur sehr bedürftig. Ein Gemeindebackhaus wurde vor zehn Jahren errichtet, und ein öffentliches Waschhaus besteht schon längst; zwei Zehentscheuern, von denen eine der Hofdomänenkammer, die andere dem Spital in Tübingen gehörte, sind im Jahre 1850 in Folge der Zehentablösung an einige Ortsbürger verkauft worden.

Ein laufender und sieben Pump- und Ziehbrunnen liefern das ganze Jahr hindurch vortreffliches Trinkwasser; auf den Fall von Feuersgefahr sind zwei Wetten angelegt. Außerhalb des Orts finden sich auf der Markung zerstreut noch fünf starke Brunnquellen und zwei sogenannte Hungerbrunnen; von den letzteren einer in dem sogenannten heiligen Grund, der andere in den ehemaligen, nun zu Obstgütern umgewandelten Weinbergen. Etwa 1/4 Stunde südlich vom Ort bestand ein 11/2 Morgen großer Weiher.

Die Einwohner sind im Allgemeinen ein wohl gebauter, kräftiger Menschenschlag, und verbinden mit großem Fleiß viel Sparsamkeit und Religiosität, die übrigens nicht selten in einen strengen Pietismus übergeht. Ihre Vermögensumstände sind sehr erfreulich und geordnet, so daß seit vierzig Jahren nicht ein einziger Gant in der Gemeinde vorkam; das Grundeigenthum des vermöglichsten Güterbesitzers beträgt 120 Morgen Äcker und 10 Morgen Wiesen.

Die klimatischen und Bodenverhältnisse sind äußerst günstig; die Luft ist rein und mild, und die mittelgroße, meist ebene, nur von einigen Thälchen durchzogene Markung, welche östlich an die Markungen Altingen und Reusten, südlich an Hailfingen, O.A. Rottenburg, westlich an Bondorf, Öschelbronn und Nebringen und

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 293. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_293.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)