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bis im Jahre 1848, der zuletzt von der Fürstin Colloredo bewohnte Querbau und der westliche Flügel abgebrochen, und an die Stelle des letzteren ein Öconomiegebäude errichtet wurde. Nördlich vom Schloß, jenseits des ehemaligen Burggrabens, befinden sich großartige Öconomiegebäude, das ehemalige Maiereihaus und die Kirche, welche Gebäude theilweise einen namhaften Raum, den vordern Hof, einschließen; auch die Stelle des abgebrochenen sogenannten Winterbaues (eine Winterwohnung der Herzogin Franziska) (siehe unten), ist zu Erweiterung des Hofraums benützt. Die früheren, sehr ausgedehnten Gartenanlagen, welche sich bis in die nahe gelegenen Waldungen erstreckten, sind bis auf weniges Gebüsch hinter dem Schloß und dem Gemüse- und Blumengarten abgegangen; an letzteren stößt das ehemalige Gärtnerhaus, in welchem ein Gewächshaus eingerichtet ist. Nur eine Pappelallee verräth noch auf weite Entfernung den ehemaligen fürstlichen Wohnsitz, dessen äußerer Glanz einer zweckmäßigen landwirthschaftlichen Benützung Platz machte.

In der einfachen Kirche oder vielmehr Kapelle, mit geradlinigen, gepaarten Fenstern und einem kleinen Thürmchen, befindet sich die Büste der ehemaligen Schloßbewohnerin auf einem Postament, die folgende Inschriften trägt. Auf der Vorderseite: „Franziska Durchlauchtigste Herzogin von Württemberg, geb. den 10. Januar 1748, vermählt mit Herzog Karl 1783, Wittwe den 23. Oct. 1793, gestorben den 1. Jan. 1811. Auf der nördlichen Seite: „Ihr Herz schlug warm für Gott und Menschen“, auf der südlichen: „Durch Frömmigkeit und Wohlthätigkeit zeichnete Sie sich aus.“

Ein Grabmal des Freiherrn Adolph Wilhelm von Welz, † 1702, steht an der nördlichen Innenwand der Kapelle.

Die Unterhaltung der Kapelle hat die K. Hofdomänenkammer zu bestreiten. Der Begräbnißplatz war früher nur für die adeligen Besitzer des Schloßgutes bestimmt und gegenwärtig dürfen nur auf besondere Erlaubniß Verstorbene dahin bestattet werden, wie denn auch Johann Michael Hahn (Stifter der Michelianer), in Altdorf, O.A. Böblingen, geboren, der sich meist in Sindlingen aufhielt und am 20. Januar 1819 allda starb, hier begraben ist.

Früher bestand im Ort eine eigene Schule, gegenwärtig besuchen die Kinder die Schule des Mutterorts.

Gesundes Trinkwasser liefern sieben Pumpbrunnen, von denen einzelne ihren Dienst in trockenen Jahrgängen versagen, dagegen ist etwa 400 Schritte außerhalb des Orts ein das ganze Jahr hindurch laufender Brunnen vorhanden; in dem ehemaligen Schloßgarten befindet sich ein eirundes Bassin, und einige 100 Schritte östlich vom Ort ist eine Wette angelegt.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 311. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_311.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)