Seite:OAKirchheim 210.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Die Lage der nahen Schloßgüter war so, daß sie nach Erforderniß unter Wasser gesetzt werden konnten. Das Schloß diente den Herren des Orts und nachmals den Vögten zur Wohnung; zuletzt wurde es als Fruchtspeicher benutzt, 1821 bis 1825 aber, obwohl noch in ganz gutem Zustande, abgebrochen und mit den Gütern und Ökonomiegebäuden an die Gemeindeglieder verkauft. Bemerkenswerth ist es, daß unter Herzog Friedrich I. der Ort seinen Schutzjuden, und das Schloß seinen Alchymisten zum Aufenthalt diente (Sattler V. 268.). Die Einwohner sind arbeitsam und sparsam. Ihr Wohlstand aber ist, der geringen Ertragsfähigkeit der überdieß noch sehr mit Gülten belasteten Güter wegen, gering. Neidlingen ist reichlich mit vorzüglichem Wasser versehen, das Klima aber rauh, doch gesund. Die Markung gehört zwar zu den größten; die meisten Äcker liegen aber auf der Alp und können wegen der steilen Steigen nur schwer gebaut werden. Ein Morgen wird oft um 5 bis 10 fl. verkauft. Der steinigte Boden ist in der Regel von geringer Ertragsfähigkeit und nur in den Thälern den Futterkräutern und den gewöhnlichen Felderzeugnissen angemessener, (s. auch Schopfloch.) Der Obstertrag, namentlich der Kirschen, die theils frisch verführt, theils gebrannt werden, ist beträchtlich. Der Wein ist nicht haltbar; s. auch Lichtenstein. Ein Morgen Feldes kostet im Durchschnitte 240 fl. Der gesunden Viehweiden wegen ist die Stallfütterung noch nicht eingeführt. Neidlingen hat die größte Weidefläche; doch sind von den 6484/8 Morgen, welche die Tabelle ausführt, nur 481 nicht angebaut und dem Vieh eingeräumt. Die Viehzucht ist von Bedeutung. Ebenso die Bienenzucht. Eine bemerkenswerthe Erscheinung sind hier die schwarzen Forellen. Der Stand der nur als Nebensache betriebenen Gewerbe war 1835:

1 Barbierer, 1 Beindreher, 7 Brenner, 5 Brodbäcker, 1 Feldmesser, 2 Glaser, 3 Hufschmiede, 2 Kübler, 1 Küfer, 1 Kupferschmied, 8 Linnenweber, 10 Maurer, 1 Mezger, 3 Nagelschmiede, 1 Sailer, 6 Schäfer, 6 Schneider, 3 Schreiner, 8 Schuhmacher, 1 Schuhflicker, 3 Wagner, 1 Ziegler und 2 Zimmerleute. Dazu kamen 4 Kleinhändler, 2 Mahl-, 1 Säg- und 1 Gyps-Mühle,

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Kirchheim. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1842, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAKirchheim_210.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)