Seite:OALeonberg 159.png

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erbaute Schulhaus, in welchem sich zugleich die Wohnung des Lehrers befindet. Das auf demselben Platze gelegene Rathhaus wurde auf der Stelle des früheren, 1595 erbauten, im Jahr 1842 in einem modernen Styl mit einem Aufwand von 7000 fl. neu errichtet.

Am östlichen Ende des Orts liegen die dem Freiherrn von Varnbüler gehörigen Schloß- und Ökonomie-Gebäude; das neue Schloß wurde 1788 erbaut, in dessen Nähe steht das alte Schloß, welches früher mit einem tiefen Graben umgeben war. Im Rücken und zu den beiden Seiten der Schlösser befinden sich geschmackvoll angelegte Gartenanlagen, an die ein sehr ausgedehntes umfriedigtes Gras- und Baumgut grenzt, welches ebenfalls Eigenthum des Freiherrn von Varnbüler ist.

Was die Ortseinwohner betrifft, so sind dieselben im Allgemeinen körperlich wohlgebildet, verständig und fleißig, zum Theil aber dem Wirthshausbesuch zu sehr ergeben; ihre Vermögensumstände gehören zu den besseren, ihre Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau und Viehzucht. Die Minderbemittelten sichern sich ihren Unterhalt durch Taglohnarbeiten, wozu ihnen der ausgedehnte landwirthschaftliche Betrieb des Freiherrn von Varnbüler hinlänglich Gelegenheit darbietet.

Die ziemlich große Feldmarkung ist meist eben, nur die mäßig geneigten Abhänge gegen das Glemsthal machen hievon eine Ausnahme. Der Boden besteht im Allgemeinen aus einem fruchtbaren, etwas kalkhaltigen Diluviallehm, der im Übrigen etwas leicht, in der Nähe des Glemsthales mehr schwer und thonig – im westlichen Theil der Markung aber etwas kalt und weniger kalkhaltig ist. Die Luft ist sehr gesund und rein, übrigens schaden Frühlingsfröste zuweilen vorzugsweise gegen das Glemsthal zu; im Glemsthale selbst schaden die Frühlingsfröste den Hemmingern nie, da sie dort nur Wiesen besitzen; die Ernte tritt um einige Tage früher als in den übrigen Strohgäuorten und um 10 Tage später als im Enzthal ein. Hagelschlag ist selten und kam seit 60 Jahren etwa zweimal, jedoch nur unbedeutend, vor, indem die Hochscheid bei Hochdorf eine günstige Wetterscheide bildet.

Unter diesen vortheilhaften natürlichen Verhältnissen, verbunden mit dem Fleiß und der Umsicht der Einwohner, besonders aber durch das vortreffliche Beispiel, welches die rationelle, seit dem Jahre 1800 bestehende Bewirthschaftung des Freiherrn von Varnbüler’schen Gutes darbietet, hat sich die Landwirthschaft auf eine sehr blühende Stufe gehoben; der flandrische Pflug, das einfache Joch, wie die Anlage von zweckmäßigen Düngerstätten und Güllenlöchern haben längst Eingang gefunden; auch ist das Trocknen des Futters an Heinzen und Pyramiden zum Theil eingeführt, zur Besserung des Bodens wird

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_159.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)