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Justizsachen dem Oberamtsgerichte zu Leonberg, und in Regiminal- und Polizeisachen dem Oberamtmanne daselbst untergeordnet.

II. Der Ortsvorstand der Gemeinde besteht:

a) aus einem geistlichen Vorsteher, welcher ein Mitglied der Gemeinde seyn muß;

b) aus einem weltlichen Vorsteher, bei welchem eben diese Eigenschaft vorausgesetzt wird; und

c) aus einer nach der Größe der Gemeinde zu bestimmenden Anzahl von Gemeinde-Mitgliedern, welche den Gemeinderath bilden.

III. Sowohl der geistliche, als der weltliche Vorsteher und die Mitglieder des Gemeinderaths werden von der Gemeinde gewählt, und sind von dem Oberamte durch Abnehmung der Handtreue zu verpflichten.

IV. Dem geistlichen Vorsteher liegt ob, in Gemeinschaft mit dem weltlichen Vorsteher die sittliche und religiöse Ordnung in der Gemeinde zu erhalten, und den Berathschlagungen des Gemeinderaths, insofern sie sich auf diese Gegenstände oder auf die kirchlichen Bedürfnisse, das Schulwesen oder die Armenversorgung beziehen, anzuwohnen. An blos bürgerlichen Angelegenbeiten, welche von den weltlichen Vorstehern theils allein, theils in Gemeinschaft des Gemeinderaths besorgt werden, hat derselbe nicht Theil zu nehmen. Die Besorgung des Gemeinde-Rechnungswesens und der damit in Verbindung stehenden Geschäfte, sowie des Steuersatzes, desgleichen der Inventuren und Theilungen und anderer Geschäfte der Rechtspolizei, kann die Gemeinde dem weltlichen Vorsteher übertragen, insofern derselbe die dazu erforderliche Tüchtigkeit hat; doch bleibt, so viel die letztgedachten Gegenstände betrifft, jedem Betheiligten vorbehalten, die Beiziehung der gesetzlich verordneten Behörde zu verlangen, in welchem Falle diese nach Maaßgabe der allgemeinen Gesetze einzuschreiten hat.

V. Die Gemeindevorsteher haben kein weiteres Strafrecht anzusprechen, als die allgemeinen Gesetze mit sich bringen. Die Führung der Criminal-Untersuchungen verbleibt bei den gewöhnlichen Behörden.

VI. Die Aufnahme neuer Gemeinde-Mitglieder bleibt der Gemeinde selbst und ihren Vorstehern, unter Vorbehalt der oberamtlichen Bestätigung, überlassen; bei Ausländern muß jedoch die landesherrliche Aufnahme in das Landes-Unterthanenrecht vorangehen.

VII. Es kann Niemand die Erlaubniß erhalten, in der Gemeinde zu wohnen, er habe sich denn durch seine Unterschrift verbunden, den in gegenwärtiger Urkunde enthaltenen Bestimmungen sich ohne Widerrede zu unterwerfen, und die derselben entsprechende Gemeinde-Ordnung zu beobachten.

VIII. Auch wird nach der Bitte der Gemeinde festgesetzt, daß kein Gemeindeglied ohne Vorwissen der Gemeindevorsteher sich mit einer auswärtigen Person ehelich verloben, und diese mit sich in den Ort bringen darf.

IX. Kinder von Gemeinde-Mitgliedern sind nach Maßgabe der Gesetze, auch ohne besondere Aufnahme, geborne Mitglieder der Gemeinde.

X. Sie können jedoch, wie jedes andere Gemeinde-Mitglied, wenn sie das Glaubens-Bekenntniß der Gemeinde nicht anerkennen, oder sonst sich in die Gemeinde-Einrichtung nicht fügen, auf das Erkenntniß der geistlichen und

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_181.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)