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XXX. Wir erklären übrigens ausdrücklich, daß, da alles Vorstehende sich ganz allein auf die bürgerlich-religiöse Gemeinde Kornthal bezieht, dasselbe ohne unsere besondere Erlaubniß weder auf andere Niederlassungen, noch auf andere, außer dieser Gemeinde befindliche Staatsangehörige, wenn sie gleich die nämlichen religiösen Grundsätze haben sollten, anwendbar sey.“

Die den vorgedachten Bestimmungen entsprechende Verfassung der Gemeinde zerfällt in 2 Theile, nemlich: 1) Die Güterkaufs-Gesellschaftsordnung vom 17. Februar 1819, welche nur die Mitglieder dieser Privatgesellschaft verbindet, und 2) die Ordnung für sämmtliche Mitglieder der Gemeinde.

I. Güterkaufs-Gesellschaftsordnung. Von der Gesellschaft, welche das Gut[1] gemeinschaftlich erkaufte, wurde Folgendes festgesetzt:

1) Kein Gemeindemitglied darf die ihm durch’s Loos zugefallene Liegenschaft als eigen betrachten, zugleich sind die Empfänger schuldig, wenn sie ihre Liegenschaft wieder abgeben wollen, dieselbe der Gesellschaft im Anschlagspreis zurückzugeben und haben nur etwaige Verbesserungskosten in Anrechnung zu bringen. Die Gesellschaft ist dagegen verbunden, die abgegebenen Gegenstände wieder im anfänglich gemachten Anschlag zurückzunehmen und gibt solche an andere Glieder der Gesellschaft durch das Loos in demselben Anschlag wieder ab.

2) Darf Niemand in die Gesellschaft eintreten, der sich nicht zur Erfüllung der Gesellschaftsregeln verbindlich macht und durch Stimmenmehrheit von der Gesellschaft aufgenommen wird.

3) Der jeweilige Vorsteher und die Gemeinderäthe sind die Bevollmächtigten der Gesellschaft, welche vorkommende Ausgaben genehmigen.

4) Sämmtliche Mitglieder der Gesellschaft haften für einander in solidum.

5) Die Mitglieder haben eine Leihkasse, an welche nur sie Ansprüche haben; sie dürfen daher kein Geld anderswo entlehnen und keine Bürgschaften leisten.

6) In die Leihkasse werden die Gelder zu 4 Proc. gegeben und den Mitgliedern zu 41/2Proc. angeliehen.

7) Die Gesellschaftsrechnung wird jedes Jahr gestellt, dabei wird mit jedem einzelnen Mitgliede abgerechnet und die ganze Rechnung den sämmtlichen Gesellschaftsmitgliedern vorgelegt.


  1. Das Gut wurde gleich Anfangs in 5 Qualitätsklassen eingetheilt, dann in 10 gleiche Theile vertheilt und verloost. Einige Mitglieder übernahmen 1/10 allein, andere vertheilten und verloosten ihr 1/10 in 2, 3, 4, 5 und 6 Theile; alle zusammen bildeten eine solidarisch unter sich verbundene Gesellschaft, welche zur Erleichterung der ärmeren Mitglieder die nöthigen Gelder aufnahm.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_185.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)