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II. Gemeinde-Ordnung. 1) Die Gemeinde hat das Recht, ihre geistlichen und weltlichen Vorsteher selbst zu wählen, welche sodann von dem Oberamt durch Abnahme der Handtreue verpflichtet werden.

2) Dem geistlichen Vorsteher liegt in Gemeinschaft mit dem weltlichen ob, die sittliche und religiöse Ordnung in der Gemeinde zu erhalten, auch den Unterricht der Jugend zu leiten und zu beaufsichtigen. Die Lehre beruht auf dem Glaubensbekenntniß der Gemeinde, welches sich in der großen Wahrheit, „Jesus ist der eingeborne Sohn Gottes, der für die Sünde der Welt gestorben ist,“ concentrirt. Was dieser entgegen ist, soll in der Gemeinde nicht gestattet, sondern mit Liebe und Ernst entfernt werden. Jedes Gemeindeglied ist verpflichtet, wenn es einen von dem reinen Evangelium abweichenden Sinn wahrnimmt, die Vorsteher sowohl, als die ganze Gemeinde darauf aufmerksam zu machen. Sollte ein solcher Fall von der Gemeinde nicht beigelegt werden können, so kann dieselbe verlangen, daß die Conferenz- oder Collegialbrüder, welche außerhalb der Gemeinde wohnen, zur Entscheidung zusammengerufen werden.

3) Was die religiösen Anordnungen der Gemeinde betrifft, so sollen hier nur diejenigen, welche von den allgemein üblichen abweichen, angegeben werden. Bei dem Sonntagsgottesdienst werden Lieder aus dem alten Gesangbuch, aus dem Schatzkästlein, aus dem Gesangbuche der Brüdergemeinden u. s. w. gesungen und die Predigt wird mit Gebet und Fürbitte aus der alten württembergischen Liturgie beendigt. Sonntag Nachmittags ist Unterredung mit den Kindern, bei der die größere und kleinere Jugend zu erscheinen hat; überdieß wird eine Sonntagsschule mit sämmtlichen ledigen Personen bis zum 18. Jahr von dem Schullehrer gehalten. Sonntag Abends ist sodann noch eine Erbauungsstunde. Am Oster-Morgen wird auf dem Gottesacker die Litaney der Brüdergemeinde gebetet. Während der Gottesdienste, welche die Woche über einfallen, als Geburtsfeier Sr. Majestät des Königs, Buß- und Bettage, bei Begräbnissen, Taufen, Communionen, wird von den Gemeindegliedern nicht gearbeitet. Mittwoch Abends ist eine Erbauungsstunde; an den übrigen Abenden in der Woche kommt die Gemeinde zum Abendgebet zusammen. Die Taufe wird bei versammelter Gemeinde und die Confirmation, bei der die Kinder ihre Antworten aus dem Confirmationsbüchlein herauslesen dürfen, nach der alten Liturgie vorgenommen. Das heil. Abendmahl ist alle 4 Wochen am Vorabend des Sonntags, bei Beleuchtung der in der Kirche hängenden 3 Kronleuchter. Bei der Austheilung desselben assistiren die Gemeindevorsteher, während die Gemeinde und das Musikchor mit Gesang abwechseln. Vier Hostienteller und vier Kelche werden, nachdem über jeden bei der Füllung die Einsetzungsworte

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_186.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)