Seite:OALeonberg 203.png

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Der um die Kirche gelegene, mit einer Mauer umfriedigte vormalige Begräbnißplatz dient nun zum größeren Theil als Baumschule; ein neuer Gottesacker wurde außerhalb des Orts an der Straße nach Flacht angelegt.

Das etwas entfernt von der Kirche frei und gesund gelegene Pfarrhaus, welches nun der Staat zu unterhalten hat, ist 1759 von dem Collegialstift Baden massiv aus Steinen erbaut worden. Das freistehende Rathhaus erhielt 1836 eine namhafte Verbesserung. Unfern desselben liegt das Schulhaus, ein im Jahr 1824 erkauftes bürgerliches und zur Schule eingerichtetes Gebäude. Neben der Schule mit 1 Lehrer und 1 Lehrgehilfen besteht seit 1840 eine Industrieschule. Im Ort befindet sich eine massiv erbaute Weinkelter, in der im Jahr 1838 auch ein Gemeinde-Backofen eingerichtet wurde; ein öffentliches Waschhaus besteht schon längst.

Die sehr fleißigen, geordneten Einwohner, welche sowohl in dem Benehmen, als in der Mundart mit den angrenzenden Badenern Manches gemein haben, sind im Durchschnitt wohlhabend und finden ihren Erwerb hauptsächlich durch Feldbau und Viehzucht; minder Bemittelte haben zureichende Gelegenheit, durch Taglohnarbeiten sich ihr Auskommen zu sichern.

Die Feldgüter der ziemlich ausgedehnten Markung liegen theils an den Abhängen des Grenzbach-Thals und dessen Seitenthälern, theils auf dem wenig ebenen Plateau, und haben im Allgemeinen einen kalkhaltigen, steinigen, nicht tiefgründigen Boden, der zum größern Theil unergiebig, wogegen etwa 1/4 der Markung sehr fruchtbar ist. Das Klima ist eher mild als rauh zu nennen; in den Thälern ist die Luft häufig neblig und feucht, in den höheren Lagen aber rein und trocken. Die Ernte tritt acht Tage später ein, als in den Enzthalorten; Gewitter, besonders schädliche, sind selten, da der nahe gelegene Hagenschieß eine Wetterscheide bildet.

Die im Dreifeldersystem eifrig betriebene Landwirthschaft, obwohl auf lang erprobte Erfahrungen gegründet, ist bewährten Neuerungen leicht zugänglich, wie denn z. B. die Benützung der Jauche und zweckmäßig angelegte Düngerstatten ziemlich allgemein geworden sind und auch der Schwerz’sche Pflug immer mehr Eingang findet. Die gewöhnlichen Cerealien werden gebaut; von diesen gedeihen Dinkel, Gerste und Hafer vorzüglich. In der beinahe ganz angebauten Brache zieht man Kartoffeln, Futterkräuter, Erbsen, Linsen, Ackerbohnen, von Handelspflanzen: Mohn, nur wenig Flachs, dagegen ziemlich viel Hanf, welcher außer der Brache auch noch in eigenen Ländern gebaut wird. Auf gute Äcker rechnet man Aussaat per Morgen 7 Sri. Dinkel, 3 Sri. Gerste und eben so viel Hafer; der Ertrag wird zu 6—12 Schfl. Dinkel, 4 Schfl. Gerste und 8 Schfl. Hafer per Morgen angegeben. von Feld-Produkten

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_203.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)