Seite:OALeonberg 212.png

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einem tiefen, zum Theil mit Wasser gefüllten Graben umgeben sind, über den eine Brücke zu dem Eingang führt. Das ansehnliche, gegen Süden gelegene neue Schloß ist im Mansardenstyl des vorigen Jahrhunderts erbaut; die gegen Osten und Norden gelegenen Ökonomiegebäude sind aus früherer Zeit, eines derselben trägt über dem Eingang die Jahreszahl 1619. Gegen Westen steht das alte Schloß, mit einem runden Thurm, in welchem die zu dem Gebäude führende Wendeltreppe angebracht ist. An der Ostseite des Schlosses befinden sich die Wappen der Freiherren v. Rieppur und v. Münchingen, nebst einer unleserlichen Inschrift und der Jahreszahl 1558. Um sämmtliche Gebäude liegt ein etwa 6 Morgen großes, mit einer Mauer umfriedigtes Baumgut.

Der dem Freiherrn von Münchingen gehörige Hof (Spitalhof), am nördlichen Ende des Orts gelegen, besteht aus zwei stattlichen, im ländlichen Styl erbauten Wohnungen und mehreren Ökonomiegebäuden. Sämmtliche Gebäude sind nebst dem ansehnlichen Hofraum mit einer Mauer umgeben, durch die ein großes, rundbogiges Thor führt, über welchem das von Münchingen’sche Wappen mit der Jahrzahl 1692 angebracht ist.

Die im Allgemeinen wohlbemittelten Einwohner, deren Haupterwerbsquellen in Feldbau, Viehzucht und Weinbau bestehen, sind von kräftiger Körperbeschaffenheit, religiös und sparsam. Begünstigt durch die beinahe ebene Lage der Feldgüter, mit sehr fruchtbarem, meist aus tiefgründigem Diluviallehm bestehendem Boden, hat der Fleiß der Einwohner die Landwirthschaft auf eine blühende Stufe gehoben. Zweckmäßige landwirthschaftliche Neuerungen, wie die Anlage verbesserter Düngerstätten, der flandrische Pflug, das einfache Joch, Heinzen zum Futtertrocknen etc., haben leicht Eingang gefunden; die Düngungsmittel sind außer dem gewöhnlichen Stalldünger, Jauche, Gyps und viel Compost. Geschlossene Güter kommen nicht vor; auch das 400 Morgen enthaltende v. Münchingen’sche Hofgut, welches verpachtet ist, liegt in vielen Parzellen vertheilt auf der Markung, ebenso war das ehemalige Harling’sche nicht zusammenhängend und ist nun größtentheils an einzelne Bürger verkauft.

Im System der Dreifelderwirthschaft, mit gewöhnlich zu 1/3 angeblümter Brache, werden außer den gewöhnlichen Cerealien, Kartoffeln, Futterkräuter, viel Kraut, welches sehr gut gedeiht, Erbsen, Linsen, Mohn, Reps und zuweilen Welschkorn gebaut. Hanf baut man in Ländern für den eigenen Bedarf. Zur Aussaat rechnet man per Morgen an Dinkel 6-7 Sri., an Gerste 3 Sri., an Hafer 3-4 Sri., an Roggen 3 Sri. und an Waizen 3 Sri. Eingeheimst wird im Durchschnitt per Morgen

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_212.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)