Seite:OALudwigsburg0107.jpg

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gelangt man einerseits in das nach neuerem Geschmack eingerichtete Rondel, anderseits in den Thurm, in welchem eine Wendeltreppe 100′ in die Höhe und 75′ in die Tiefe führt. Auf der Zinne des Thurms angekommen, öffnet sich dem Auge eine sehr freundliche Aussicht über den Park mit dem Favoritschlößchen, an den Asperg, den Stromberg, die Löwensteiner Berge, den Wunnenstein und in das nahe Neckarthal, in welchem sich Marbach besonders vortheilhaft ausnimmt. Steigt man aber von dem Eingang abwärts in den Thurm, so gelangt man in ein in den Felsen gehauenes Gemach, das sein spärliches Licht nur durch eine künstlich angebrachte Öffnung erhält. Hier sitzt in Wachs bossirt, mit voller Rüstung angethan, der Graf Emich von Württemberg und ihm gegenüber sein Beichtvater, an einem mit Humpen und Pokalen besetzten Tische. Von da gelangt man zu der sog. Folterkammer, in welcher ebenfalls interessante Alterthümer, Waffen, Folterwerkzeuge etc. aufbewahrt sind. In den Thurmöffnungen sind Äolsharfen angebracht, deren schmelzende Töne den Besucher angenehm überraschen.

3) Der sog. Posilippo, ein 140′ langer, gewölbter Gang, führt von dem anmuthigen Eisthälchen, das seinen Namen von der daselbst angelegten Eisgrube hat, unter der zu den Anlagen führenden Hauptallee durch.

Die Stadt selbst ist mit Ausnahme des nordwestlichen Theils ganz regelmäßig angelegt (s. den der Oberamtskarte beigefügten Stadtplan); sie bildet eine von Süd nach Nord in die Länge gezogene Figur, in welcher Richtung auch die Längestraßen, jedoch nicht ganz mathematisch richtig, geführt sind, indem sie ein wenig gegen Westen abweichen; die Querstraßen dagegen weichen etwas gegen Norden ab, mit Ausnahme der Post- und Schorndorfer Straße, welche sich merklich gegen Süden neigt, wodurch die an diesen Straßen stehenden Eckgebäude etwas verschoben wurden. Ursprünglich war der Bauplan der Stadt viel großartiger, als er bis jetzt in Ausführung kam, was die zum großen Theil noch erhaltene, 10′ hohe Stadtmauer nachweist, die einen Raum einschloß, der nicht ganz zur Hälfte überbaut ist, während den übrigen Theil schöne Gartenanlagen, Alleen etc. ausfüllen und sogar im südwestlichen Theil noch Feldbau innerhalb der Stadtmauern getrieben wird. Die Stadtmauer ist Eigenthum des Staats.

Herzog Eberhard Ludwig wollte die Stadt mit Graben und Wall umfriedigen; der Graben sollte mit Pallisaden versehen werden; es wurde wirklich im Jahr 1730 mit einer derartigen Umfriedigung der Stadt der Anfang gemacht und ein kleiner Rest derselben ist noch

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg. Karl Aue, Stuttgart 1859, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALudwigsburg0107.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)