Seite:OALudwigsburg0123.jpg

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a) Das Verwaltungsgebäude, in dessen unterem Stockwerk die Kanzleilokale der Verwaltung und der Fabrik-Inspection, die Thorwachstube und ein Sprechzimmer für die Gefangenen mit ihren Angehörigen eingerichtet sind, während sich im obern Stockwerk die Wohngelasse für den Vorstand und den Ökonomieverwalter befinden. 1

b) Das Pfarrhaus, westlich von dem Verwaltungsgebäude an der Ecke der Schorndorfer Straße und der Nußallee gelegen; es


    versetzt. Auch ward im Jahre 1812 die Irrenanstalt von Ludwigsburg nach Zwiefalten verlegt und das hiedurch freigewordene Irrenhaus zum Schulgebäude für die Waisenhauskinder eingerichtet. In Folge der allgemeinen Reform der Strafanstalten durch das Edikt vom 17. Juli 1824 wurde das Waisenhaus nach Weingarten und die Tuchmanufaktur behufs der Erweiterung der neu organisirten Strafanstalt in die Gebäude der ehemaligen Porcellanfabrik verlegt. Das jetzige Arbeitshaus ward zur Aufnahme von 240 männlichen und 90 weiblichen Gefangenen ersten Grads und 50 männlichen und 70 weiblichen Gefangenen zweiten Grads eingerichtet; wegen Überfüllung des Hauses wurden jedoch im Jahre 1828 in das zum Filial-Arbeitshaus bestimmte, bisherige Polizeihaus zu Markgröningen alle Sträflinge mit nicht mehr als sechs Monaten Strafzeit versetzt. Der Stand der Gefangenen, der im Jahre 1855 über 900 gestiegen war, belief sich am 1. Juli 1856 nur noch auf 510. Als aber in Folge der Auflösung der Strafanstalt zu Heilbronn alle zur Arbeitshausstrafe verurtheilten Männer nach Ludwigsburg eingeliefert wurden, kam im März 1857 die Zahl der hiesigen Gefangenen wieder auf 633.

    Was die Arbeiten der Gefangenen betrifft, so werden diese nach Abtheilungen in gemeinsamen Zimmern verrichtet; die Arbeitszeit ist an Werktagen auf eilf, an Feiertagen auf fünf Stunden täglich bestimmt. Die unter der Leitung eines Fabrikinspectors betriebenen Gewerbe sind dermalen: Wollenspinnerei, Handspinnerei, Teppich- und Tuchweberei, Linnen- und Baumwollenweberei, Schusterei, Schneiderei, Holzarbeiter (Schreiner, Glaser, Kübler, Wagner, Drechsler), Feuerarbeiter (Schlosser, Schmiede, Flaschner, Drahtarbeiter etc.). Die Fabrikate werden größtentheils für die Anstalt selbst verwendet, einzelne jedoch, wie Bodenteppiche, Winterschuhe, Herrenkleider, wollene Socken und Unterleibchen, Kinderspielwaaren etc., auch an Grossisten etc. verkauft.

    An der Anstalt sind gegenwärtig angestellt: ein Arbeitshausverwalter (Vorstand der Anstalt und Justitiar), ein Ökonomieverwalter, ein Fabrik-Inspector und ein evangel. Geistlicher; als kath. Geistlicher fungirt der Stadtpfarrer und dessen Vicar, ein evangel. Lehrer, ein kath. Gesanglehrer, ein Arzt, ein Unterarzt, ein Hausmeister, zwei Ober-Aufseher, ein erster Aufseher und 36 Aufseher.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg. Karl Aue, Stuttgart 1859, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALudwigsburg0123.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)