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ohne Zweifel ursprünglich eine Hauptkirche der Stadt, die allmählig ihre Bedeutung verloren hat. Die Sage, daß die Stadt früher bei der Alexanderskirche gelegen sei, kann hier nichts entscheiden, indem jedenfalls die gegenwärtige Altstadt weit älter ist als die Kirche und die bei ihr angeblich gelegene Stadt jedenfalls längst abgegangen war, als man die großartige Alexanderskirche erbaute[1].

3. Die St. Wendelinskapelle, bei dem oberen Thor, unfern des ehemaligen Schlosses, zu dem sie vermuthlich ursprünglich gehörte; sie ist in schönen Verhältnissen in gut gothischem Styl mit dreiseitigem Chorschluß ausgeführt und zeigt an dem Langhaus gepaarte, an dem Chor aber gedreite Fenster, mit horizontalen Fensterstürzen, unter denen schönes Maßwerk hinzieht. Die Kirche ist längst vernachlässigt und dient nun theils als Magazin theils als städtisches Archiv.

4. Das Schulhaus, ein altes großes Gebäude, das früher ein Beguinenkloster war; es steht auf der nördlichen Stadtmauer und enthält im unteren Stockwerk die deutsche Volksschule für Knaben und Mädchen mit 4 Lehrzimmern, im zweiten die lateinische Schule mit zwei Lehrzimmern, die Wohnungen des Präceptors und des ersten deutschen Schulmeisters, im dritten die Wohngelasse für den Unterlehrer und den Lehrgehilfen; der Kollaborator und der zweite Schulmeister wohnen gegen Mietheentschädigung in Privathäusern.

5. Das 1761 erbaute und später erneuerte Rathhaus steht an der Hauptstraße beinahe in der Mitte der Stadt; es ist sehr ansehnlich in einem einfachen neueren Styl dreistockig erbaut und trägt auf dem First ein Thürmchen mit Glocke. In seinem unteren Stockwerk ist ein Magazin für Löschgeräthschaften eingerichtet, im mittleren befinden sich die Gelasse für den Gemeinderath und das Gerichtsnotariat und im oberen der Bürgersaal nebst 5 Zimmern[2].


  1. An letzterer Kirche bestund eine St. Peter- und Paulspfründe, welche die Herren Heinrich und Hans von Kees, Gebrüder, gestiftet hatten. Ein dieser Pfründe gehöriges Haus zu Marbach befreite der Graf Ulrich von Württemberg den 9. Oct. 1463 von aller Steuer und Beschwerde. Sattler, Grafen 2. Beil. Nr. 28.
  2. Ein früheres Rathhaus wurde 1465 gebaut und Fleisch und Brodbänke darunter gerichtet, wozu Graf Ulrich von Württemberg der Vielgeliebte der Stadt sein altes Kornhaus am Markt schenkte, nebst den Fleisch- und Brodbänken und den dazu gehörigen Einkünften. Derselbe Graf schmückte das hiesige (1693 niedergebrannte) Schloß mit gemalten Jagdscenen.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0120.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)