Seite:OAMarbach0306.jpg

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geradliniges Fenster mit der Jahrszahl 1605, was auf eine weitere Veränderung hinweist. Auf hohes Alter deutet indessen das Fenster aus der Übergangsperiode und die sehr alten unteren Geschoße des Thurms; gegen oben ist der Thurm neuer, aus Holz aufgeführt und mit einem Zeltdach versehen. Das Innere ist nicht unfreundlich erneuert, übrigens durch Emporen verbaut. Ein spitzer Chorbogen führt in den mit einem Netzgewölbe gedeckten, vielseitig schließenden Chor. In der Sakristei, über deren Eingang die Jahrszahl 1620 steht, befindet sich ein Kasten vom Jahr 1652 mit der Inschrift: V. G. G. Antonia, geborne Hertzogin von Wirtemberg; auf den Außenseiten des Kastens sind die vier Jahrszeiten, und auf den Innenseiten Scenen aus dem neuen Testament mittelmäßig angemalt. Auch ein alter, bemalter Notenständer ist vorhanden. Diese Gegenstände, und namentlich auch silberne und innen vergoldete Tauf- und Abendmahlsgefässe, wurden von der Herzogin Antonia von Württemberg zur Zeit, als sie auf dem Steinächlenshof wohnte, gestiftet. Die Baulast der Kirche hat die Stiftung.

Der Begräbnißplatz liegt außerhalb (nördlich) des Orts, während von dem früheren, um die Kirche gelegenen, nur noch die Umfassungsmauer vorhanden ist.

Das ansehnliche, 1589 erbaute Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten hat, grenzt an den ehemaligen Kirchhof.

Das Schulhaus, ein großes Gebäude, enthält 2 Lehrzimmer, die Wohnungen des Schulmeisters und des Lehrgehilfen, die Gelasse für den Gemeinderath, ein Arrestlokal und ein Magazin für Feuerlöschgeräthschaften etc.; überdieß sind ein Armenhaus, ein Schafhaus, ein Spritzenhaus, eine Gemeindescheuer und ein Backhaus vorhanden.

Eine Mühle mit 4 Mahlgängen und einem Gerbgang steht an der westlichen Ortsseite am Buchenbach, über den unterhalb der Mühle eine steinerne Brücke zu der Kalk- und Ziegelbrennerei führt.

Gutes, frisches Trinkwasser liefern 3 laufende und 2 Pumpbrunnen, die selten so nachlassen, daß Wassermangel entstünde. Auf der Markung außerhalb des Orts sind einige Quellen vorhanden, die jedoch in trockenen Jahrgängen versiegen.

Die Einwohner sind im allgemeinen körperlich kräftig und seltener von epidemischen Krankheiten heimgesucht; am häufigsten kommt das Schleimfieber vor. Die Haupterwerbsquelle ist die Landwirthschaft, welche eifrig betrieben wird. Was den Charakter der Einwohner betrifft, so sind die wohlhabenden und mittelbegüterten Einwohner meist geordnet, während einzelnen herunter gekommenen

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0306.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)