Seite:OAMaulbronn0132.jpg

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sehr eng aneinandergerückt neben dem auch gedoppelten Eingange die hohe von einem Konsolenkranzgesims geschlossene Westwand mächtig durchbrechen; sie sind so nahe beisammen, daß nur noch ein von vier schlanken gewirtelten Rohrsäulen umstellter Bündelpfeiler dazwischen steht, von ihm gehen dann die beiden großen schönprofilirten sie umrahmenden Rundbögen aus. Die beiden Arkadenfenster selbst werden getheilt von einer gar schlanken ungewirtelten Rohrsäule, und ihr halbrundes Bogenfeld wird erfüllt von einer starken Steinplatte, in die von unten her reichprofilirte unten offene Dreiblätter ausgemeißelt sind, und zwischen diesen herrlichen Kleeblättern ist die Steinplatte durch eine eben so profilirte Rundöffnung erleichtert. Die Gliederung dieser noch urthümlichen Art von Fenstermaßwerken geht hauptsächlich in die Tiefe, durchsetzt die Steinplatte ihrer ganzen Dicke nach, was von prachtvoller und lebendigster Wirkung ist. Die Säulen, sehr schlanke unverjüngte Rohrsäulen, haben den plattgedrückten scharfen attischen Fuß, der zuweilen mit schwungvollem Eckblatt belegt ist, und in der Mitte des Schaftes (mit Ausnahme der Säulchen in den Fenstern) Wirtel von ganz ähnlicher Bildung; die Kapitelle, unten herauf schlank und kelchförmig, breiten sich gegen oben weit hinaus nach der viereckigen weich und voll gegliederten Deckplatte und sind umhüllt von schönen wechselnd geformten Blättern, die an den Spitzen sich umschlagen oder aufrollen. Die Arbeit hat einen genialen Zug, daneben wurden ganz feine Zierden nicht vergessen, die Blattrippen ciselirt, mit Perlen oder Diamanten besetzt, u. s. f. Das etwas aus der Mitte, zu viel nach Süden gerückte, zweimal sich einstufende Portal ist in ähnlichem Sinn, wie die Fensterarkaden, nur einfacher und massiger behandelt; es wird in der Mitte durch einen Pfeiler mit vorgestelltem Säulchen getheilt, von dem die beiden Rundbögen ausgehen, und über beide schlägt sich ein großer Rundbogen; die beiden Bogenfelder sind voll und zeigen keinen weiteren Schmuck als je eine große schön ausgemeißelte Blätterrosette. Den eigentlichen Sturz bildet ein gerades Kleeblatt, eine Form, der wir hauptsächlich im Spätgothischen und in der Renaissance wieder begegnen, und merkwürdiger Weise, die Gliederung der Innenseite des Portals erinnert an deutsche Renaissance. Zwischen Fenstern und Portal und an den Ecken stehen die fast ungegliederten Strebepfeiler, die man ihrer Gestalt nach mit Schilderhäuschen vergleichen könnte; sie tragen schwere von lilienförmigem Kamm bekrönte Satteldächer; an den Ecken stehen sie je zu zwei und zwar so, daß die eigentliche Ecke frei bleibt. Von schöner Wirkung ist das zierliche Konsolenkranzgesimse, das sich rings um die Vorhalle zieht und auch an andern hiesigen Klosterbauten auftritt. Die Schmalseiten durchbricht ein schmäleres und darum spitzbogiges Kleeblattfenster (um dieselbe Höhe zu gewinnen) und daneben

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0132.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)