Seite:OAMaulbronn0233.jpg

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und der Umschrift Eniacz (Ignatius). Die flache Balkendecke des Schiffes wird gestützt von zwei geschnitzten Holzpfeilern, die auf steinernen gothischen Basen stehen; in einen derselben ist geschnitten 1489, ohne Zweifel das Erbauungsjahr der Kirche. An dem Taufsteine steht 1622. Die hübsche Kanzel wurde 1841 von Architekt Weihenmaier verfertigt. An den Emporenbrüstungen sieht man Scenen aus der biblischen Geschichte gemalt und an der nördlichen Schiffwand ein lebensgroßes gothisches Krucifix. Die neue Orgel von Schäfer in Heilbronn steht im Chore. Die südlich an den Thurm stoßende tonnengewölbte Sakristei scheint sehr alt zu sein und hat unter sich ein kleines Gewölbe. Auf dem oben achteckig werdenden Thurme, der von spitzbogigen Schallfenstern durchbrochen und von hohem Zeltdache bekrönt wird, hängen 3 schönverzierte Glocken mit den Inschriften: 1) Stephanus Bruncler gosse mich anno 1685. laudate dominum in excelsis. 2) Gegossen von L. Neubert in Ludwigsburg. Anno 1842. 3) Christian Ludwig Neubert goss mich in Ludwigsburg anno 1774. Die von der Gemeinde zu unterhaltende Kirche steht auf dem zum Theil noch ummauerten alten Friedhofe. Der neue, übrigens schon vor 100 Jahren angelegte Begräbnißplatz liegt außerhalb (südwestlich) vom Ort.

Das schöne und große Pfarrhaus wurde 1763 erbaut und ist vom Staat zu unterhalten. Das 1826 erbaute Schulhaus enthält 2 Lehrzimmer und die Wohnung des ersten Schulmeisters, der andere Schulmeister bewohnt ein auch der Gemeinde gehöriges, 1842 erbautes Haus. Das in der Mitte des Orts gelegene Rathhaus ist schon mehrere hundert Jahre alt. Das hübsche Bahnhofgebäude steht ganz nahe (nördlich) am Ort.

Vortreffliches Trinkwasser liefern stets hinreichend 11 Pumpbrunnen. Auch die Markung ist reich an guten Quellen, dann fließen darüber die Schmie, die zuweilen verheerend austritt, der Sulzbach und der Erbbach. Ein etwa 2/8 Morgen großer See liegt in der Hardt.

Außer der am Ort vorbeiführenden Stuttgart-Mühlacker Eisenbahn gehen Staatsstraßen von hier nach Lienzingen und Mühlacker, Vicinalstraßen nach Roßwag, Kleinglattbach und Ensingen. Zwei steinerne Brücken führen im Ort über die Schmie und außerhalb des Ortes ein hölzerner Steg. Ihre Unterhaltung hat die Gemeinde.

Die meist körperlich wohlgebauten kräftigen Einwohner, von denen gegenwärtig 4 über 80 Jahre alt sind, haben einen guten Charakter und gehören in dieser Beziehung, wie auch in der des Fleißes und der Ordnungsliebe, zu den besseren des Bezirks, ihre Haupterwerbsquellen bestehen im Feldbau, Viehzucht, Wein- und Obstbau. Gewerbtreibende finden sich wenige hier, darunter am meisten Schmiede, Schuhmacher und Leineweber, letztere arbeiten auf

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0233.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)