Seite:OAMaulbronn0269.jpg

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unregelmäßig und eng angelegte Ort, er ist theils auf die Rückenebene, theils an die Rückenabhänge hingebaut und deßhalb meist uneben, übrigens sehr freundlich gelegen. – Im Jahr 1692 wurde der Ort, der die Figur eines Eirunds hat, befestigt und zu 3/4 mit einem tiefen, noch bestehenden Wassergraben umgeben, das übrige Viertel ist durch Graben und Wall unzugänglich gemacht worden und im Jahr 1722 führte man an dieser Stelle statt der früheren Pallisaden eine Mauer auf, die jedoch in neuester Zeit allmählig wieder abgegangen ist. Auch wurde der Ort mit Thoren versehen und erhielt somit ein städtisches Aussehen, was sich bis heute noch nicht ganz verloren hat. Die Ortsstraßen sind meist etwas enge, jedoch gut unterhalten und mit Kandeln versehen.

Die Pfarrkirche liegt auf der höchsten Stelle in der Mitte des Orts, gerade auf der äußersten Spitze des Bergrückens und ist theilweise noch von der alten Kirchhofmauer umgeben; von ihrer ursprünglichen gothischen Bauweise sind ihr nur noch zwei spitzbogige Eingänge und ein gothisches mit Maßwerk gefülltes Fenster auf der Südseite geblieben, während das übrige stillos verändert wurde. Der mit einem Zeltdach bekrönte monströse Thurm hat in seinem unteren Geschoß ein spitzbogiges Fenster, gegen oben aber ein Fensterchen aus der Übergangsperiode, welches nachweist, daß derselbe älter ist, als die im mittleren Stockwerk angebrachte Jahrszahl 1567 vermuthen ließe, ohne Zweifel deutet diese nur auf die Zeit, in welcher der Thurm und das Langhaus verändert, oder letzteres vielleicht ganz neu aufgebaut wurde. Das weißgetünchte, tonnengewölbte Innere der Kirche enthält nichts bemerkenswerthes; das untere Stockwerk des Thurms, welches die Stelle des Chors vertritt, ist mit einem alten Rippenkreuzgewölbe überspannt, dessen Schlußstein eine Rosette bildet. Von den drei Glocken wurde die größte im Jahr 1784 von C. F. Blüher in Stuttgard umgegossen, die mittlere ist 1763 von Neubert in Ludwigsburg und die kleinste 1832 von dem jüngeren Neubert gegossen worden. Die Unterhaltung der Kirche hat die Gemeinde. Der ziemlich große, ummauerte Begräbnißplatz wurde 1569 am nordöstlichen Ende des Orts angelegt.

Das Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten hat, befindet sich in gutem baulichen Zustande. In der Nähe der Kirche stehen zwei Schulhäuser, das ursprüngliche, welches neben den Schulgelassen auch die Wohnung des ersten Schulmeisters enthält, und das frühere, nun zur Schule eingerichtete Rathhaus mit Schulgelassen und der Wohnung des zweiten Schulmeisters; der Lehrgehilfe wohnt in einem Privathaus. Das sehr ansehnliche, dreistockige Rathhaus wurde 1861/62 im modernen Stil mit einem Thürmchen auf dem First massiv erbaut. Dem Rathhaus gegenüber steht der ehemalige Klosterpfleghof,

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0269.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)